Analyse Play-off-Aus der Alligators mit Ansage

Solingen · Eine beeindruckende Serie von elf Halbfinaleinzügen in Folge ist für die Alligators vor einer Woche zu Ende gegangen. Das war absehbar.

 Dominik Wulff ist einer der letzten Routiniers im Kader der Solingen Alligators.

Dominik Wulff ist einer der letzten Routiniers im Kader der Solingen Alligators.

Foto: Stephan Köhlen

Ein Blick zurück: Die Solingen Alligators sind am Ziel ihrer Baseball-Träume. In ebenso dramatischen wie hochklassigen Spielen setzt sich die Mannschaft im Finale um die Deutsche Meisterschaft durch und feiert zum zweiten Mal den Titelgewinn. Das ist lediglich zwei Jahre her. 2016 war bereits in der ersten Runde der Play-offs erwartungsgemäß Schluss. Doch warum?

Die Alligators sind nur noch ein durchschnittlicher Bundesligist - einer der besseren Sorte vielleicht, doch die Mannschaft ist weit davon entfernt, zu den besten vier Teams der Liga zu gehören. Während der regulären Saison im Norden befand sich die Truppe in der sportlichen Krise, als es gegen die Paderborn Untouchables und Bonn Capitals ging. In dieser Phase spielten die Solinger tatsächlich etwas unter Niveau, doch mit den Hamburg Stealers und Paderborn befindet sich das Team nur noch auf Augenhöhe. Von den Capitals ist es weit entfernt. Sicher geschlagen wurden nur die deutlich Schwächeren, also Köln, Dortmund und mit Abstrichen Hannover.

Eine logische Folge, denn der Kader kommt nicht an die Qualität von 2015, geschweige denn 2014 heran. Führungsspieler Tanner Leighton kam nicht zurück und wurde auch nicht ersetzt. Als Nachfolger von Chris Mezger verpflichtete der Klub für den Wurfhügel Jadd Schmeltzer, der nicht an das Niveau seines Vorgängers anknüpfen konnte. Dazu hörte "Veteran" Sascha Steffens auf. Anstatt mit erlaubten drei Nicht-EU-Ausländern zu spielen, gab es nur einen im Werfer. Das Vertrauen erhielten Nachwuchsspieler, die noch nicht die Qualität haben, dauerhaft in der Bundesliga zu bestehen. Der Umbruch war und ist nötig, wurde aber seitens des Vereins um Sportvorstand Guido Götze und Vorsitzenden Christian Fried vorschnell erzwungen. Um weiterhin auf gutem Niveau zu agieren, hätte der Verein finanziell investieren müssen. Das wollte oder konnte er nicht. Nachdem Schmeltzer aus freien Stücken aufhörte, mussten die Alligators aber reagieren und holten in Wayne Ough einen Führungsspieler zurück zum Weyersberg. Das kostete - und wenn es nur die Anreise aus Australien war. Ough machte die Mannschaft besser, aber eben nicht gut genug, um für höhere Aufgaben berufen zu sein.

Gegen den amtierenden Deutschen Meister, die Heidenheim Heideköpfe, lief es im Viertelfinale fast schon sensationell gut. Werfer André Hughes rief Spitzenleistungen ab, die Mannschaft spielte insgesamt auf ordentlichem Niveau, und gleichzeitig agierten die Heidenheimer überraschend schwach. Mit Wes Roemer hatte das Team einen überragendne Pitcher für die Spiele zwei und vier, doch in allen anderen Begegnungen war Heidenheim leicht verwundbar. In dieser Form wird der Deutsche Meister nun auch im Halbfinale an den Mainz Athletics scheitern.

Zufriedenheit wäre angesichts der nur knappen 2:3-Serienniederlage aber fehl am Platz. Auch die Tatsache, dass die Solinger klar vom Modus benachteiligt wurden, kann keine Entschuldigung sein. Die Regel, dass die schlechter platzierte Mannschaft nach der Vorrunde in dern Partien drei bis fünf zu Hause spielen darf, ist zwar an Absurdität kaum zu überbieten, aber damit das Ausscheiden zu begründen, wäre ein großer Irrtum. Elf Mal in Folge hatten die Solinger von 2005 bis 2015 ihr Viertelfinale gewonnen. Nie hatten sie fünf Spiele benötigt. Die Serie war stets nach drei oder vier Partien vorbei. Und wieso? Weil sie einfach besser waren.

Dass die Alligators mittelfristig wieder besser werden, ist kaum zu erwarten. Veteranen wie Hughes oder Dominik Wulf werden nicht mehr über Jahre hinweg auf dem hohen Level spielen können, das die Mannschaft immer wieder auch in dieser Saison getragen hat. Vielleicht hört Wulf sogar komplett auf. Aus dem Nachwuchs kommt nur ein wirklich großes Talent nach oben: Nik Butzbach. Andere können es eventuell auch schaffen, benötigen aber noch mehrere Saisons.

Zu einem Umbruch wird es sicher kommen. Trainer Ron Frazier hat keine Akzente setzen können, sein Verbleib ist nahezu ausgeschlossen. Als Nachfolger muss jemand mit Führungsqualitäten her. Das Tischtuch zwischen dem Verein und seinem ehemaligen Coach Norman Eberhardt ist wohl zerschnitten. Wayne Ough könnte die Aufgabe übernehmen. An ihm läge es dann auch, einen Plan zu entwickeln, der die Alligators wieder stark macht. Eine große Herausforderung.

(trd)
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