Schach Schirmherrin guckt beim Schach böse

Solingen · Amina Sherif betreut den neuen Ehrenamtspreis der Sportjugend. Für sie selbst könnte es ein tolles Jahr werden.

Schach: Schirmherrin guckt beim Schach böse
Foto: Köhlen, Stephan (TEPH)

Das Jahr 2016 hat für Amina Sherif gut begonnen. Ein siebenrundiges Schnellschachturnier mit einer Bedenkzeit von 25 Minuten gewann die Spielerin der SG Solingen in Straelen souverän: In der zweithöchsten Gruppe mit 39 Erwachsenen setzte sich die 16-Jährige mit fünf Siegen und zwei Remis durch und avancierte so zur jüngsten und einzigen weiblichen Siegerin aller Wertungsgruppen. Außerdem gewann sie bei den Karnevals-Open in Solingen den Preis für die Jugendliche, die am weitesten kam, spielte dabei unter anderem gegen einen Fide-Meister - einen Titelträger des Weltschachbundes - remis.

Nun hat Sherif, deren Vater Ägypter ist und die im vergangenen Jahr U 18-Afrikameisterin und Sportlerin der Saison unserer Zeitung wurde, einen neuen Titel: Sie ist Schirmherrin der Aktion "JubEhr - Jugend belohnt Ehrenamt" der Sportjugend. Für die erklärt Christopher Winter das Konzept: "Wir haben über 140 Sportvereine in Solingen, aber die ehrenamtlich Tätigen, die Strippenzieher, sind oft im Hintergrund. Wir wollen ehrenamtlich Tätige im Alter zwischen 16 und 27 Jahren in den Fokus rücken." Markus Kottsieper, Marketingleiter der Volksbank Remscheid-Solingen, ergänzt: "Es gibt Sachen, die man nicht bezahlen, aber mit einem Lächeln und einem Danke honorieren kann." Ein wenig Bezahlung gibt es für die Preisträger dann aber doch (siehe Info-Box).

Zu dem Prozedere hat Amina Sherif nichts gesagt. Das Mitglied der Jury, die die Gewinner auswählen wird, sitzt etwas scheu dabei - nicht verwunderlich mit gerade einmal 16 Jahren. Doch beim Thema Schach wird sie eloquent. Zum Beispiel wenn sie über ihr Training spricht: "Alle drei Wochen habe ich Einzeltraining, das sind dann vier Stunden am Stück. Mein Trainer gibt mir Aufgaben, die ich bearbeiten muss. Das ist richtig komplex, man muss alle Varianten nach einer Eröffnung aufschreiben. Das ist ein bisschen wie Auswendiglernen. Dazu gibt es zu Hause noch viel Arbeit - das kommt aber darauf an, weil ich durch die Schule gerade nicht so viel Zeit habe." Immerhin bereitet sie sich gerade auf das Abitur am Gymnasium Schwerstraße vor, als Leistungskurse hat sie Sozialwissenschaften und Englisch.

Letzteres benötigt sie bei den anstehenden Spielen in der 2. Frauen-Bundesliga und der Jugend-Bundesliga eher weniger, aber es gibt ja noch reizvolle internationale Aufgaben: Vom 20. bis 31. Mai findet in Uganda die Afrikameisterschaft der Frauen statt, zu der die Halb-Ägypterin gerne fahren würde, weil sich ihr da die Chance bietet, Großmeisterin zu werden. "Dafür muss man gewisse Normen erfüllen, die sind aber sehr hoch gesteckt. Die andere Möglichkeit ist, Afrikameisterin zu werden", erläutert Sherif, die dafür aber vom Vorsitzenden der ägyptischen Schach-Union nominiert werden müsste. Ob das geschieht, steht noch in den Sternen, die Teilnahme am nächsten Highlight hat sie zumindest derzeit sicher: Für die Schach-Olympiade im September in Baku (Aserbaidschan) ist die jeweilige Ratingzahl für eine Nominierung ausschlaggebend. Vier Spielerinnen und eine als Ersatz reisen dorthin, aktuell ist Sherif von ihren Zahlen "sicher dabei" wie sie berichtet, ist also eine der fünf besten Schachspielerinnen Ägyptens. In Baku zu starten wäre ein Traum: "Das ist in der Schach-Welt schon vergleichbar mit den Olympischen Spielen in Rio", sagt sie.

Einen Reiz ihrer Sportart beschreibt Sherif so: "Man hat ein gewisses Repertoire, aber man muss auch auf den Gegner reagieren. Weil es so viele Möglichkeiten gibt, muss man wissen, was kommen kann." Das macht das "Auswendiglernen" von Zügen nötig. "Man kann aber nicht einfach blind spielen - der Gegner kann ja auch tricksen." Indem er den Turm versteckt und später wieder draufsetzt? Sherif lacht: "Nein. Er kann die Zug-Reihenfolge ändern, dass das, was man geplant hat, nicht mehr möglich ist." Dass der Frauenanteil im Schach relativ gering ist, weiß die 16-Jährige: "Es liegt vielleicht daran, dass es so eine Art Kriegsspiel ist, wo manche keine Lust haben, aggressiv zu spielen." Spielt sie selber auch aggressiv? "Ich versuche es, habe es aber lieber etwas ruhiger. Zumindest sagen einige, dass ich beim Schach aggressiv gucke." Das ist schwer zu glauben - aber ihre Erfolge sprechen für sich.

(ame)
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