Solingen Stadt steht vor einer harten Tarifrunde

Solingen · Sechs Prozent mehr Geld fordern Gewerkschaftler für die kommunalen Angestellten. 4,6 Millionen Euro würde dies die Stadt kosten. Die Stadt ist skeptisch. Dabei machen den Beschäftigten aber auch die vielen Befristungen zu schaffen.

 2014 demonstrierten zuletzt 500 Stadtbedienstete, Müllwerker, Erzieherinnen und Busfahrer auf dem Rathausplatz für mehr Lohn.

2014 demonstrierten zuletzt 500 Stadtbedienstete, Müllwerker, Erzieherinnen und Busfahrer auf dem Rathausplatz für mehr Lohn.

Foto: Mak (Archiv)

Ein Lohnplus von sechs Prozent für die rund 3000 Angestellten bei der Stadt und ihren Töchtern, pauschal 100 Euro mehr für die Auszubildenden und ein Ende der befristeten Arbeitsverträge ohne Sachgrund: Die Gewerkschaften Verdi und Komba gehen gleich mit einem ganzen Bündel an Forderungen in die neue Tarifrunde für den Öffentlichen Dienst, die am 21. März mit einem ersten Treffen von Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertretern in Potsdam beginnt.

"Die Erhöhung der Löhne und das Auslaufen der sachgrundlosen Befristungen von Arbeitsverträgen sind absolut gerechtfertigt", verteidigte Lothar Reitzer als stellvertretender Verdi-Geschäftsführer im auch für Solingen zuständigen Verdi-Bezirk Rhein-Wupper gestern die Forderungen der Gewerkschaften. Reitzer, der bei Verdi für den Öffentlichen Dienst zuständig ist, ließ darüber hinaus keinen Zweifel an der Kampfbereitschaft der Beschäftigten. "Die Stimmung der Kollegen ist so, dass sie Verbesserungen erwarten", sagte Gewerkschaftssekretär Reitzer.

Dementsprechend schließen die Arbeitnehmervertreter Arbeitskampfmaßnahmen nicht aus. So wären beispielsweise noch im März erste Warnstreiks möglich, hieß es bei der Gewerkschaft. Dieser Fall könnte eintreten, wenn schon in der ersten Verhandlungsrunde deutlich würde, dass beide Seiten zu weit voneinander entfernt seien, teilte Verdi mit.

Bei der Stadt beurteilt man die Arbeitnehmer-Forderungen hingegen skeptisch. Käme es zu einer Lohnerhöhung von sechs Prozent, würde dies allein für den städtischen Etat brutto eine jährliche Mehrbelastung von 4,6 Millionen Euro bedeuten, sagte ein Rathaussprecher. Kalkuliert habe man jedoch lediglich mit einem Gehaltsplus von zwei Prozent, also 1,5 Millionen Euro. "Läge der Abschluss darüber, müsste dies über weitere Sparmaßnahmen oder eine Ausweitung des Haushaltes ausgeglichen werden", betonte der Sprecher.

Beides Maßnahmen, die angesichts der städtischen Finanzmisere schwer umzusetzen wären. Dabei treibt die Arbeitnehmervertreter aber nicht allein die Lohnentwicklung um. Vor allem die zunehmende Zahl von befristeten Arbeitsverhältnissen bereitet Sorgen. So geht aus einem Bericht des städtischen Personalrats, der unserer Redaktion vorliegt, hervor, dass allein zwischen Herbst 2014 und Sommer 2015 im Rathaus 135 befristete Arbeitsverträge - mit oder ohne Sachgründe wie etwa Schwangerschaftsvertretungen - abgeschlossen wurden.

Zusätzlich wurden 51 Befristungen verlängert, wohingegen nur neun vormals befristete Kollegen dauerhaft übernommen wurden. Zum Vergleich: Im selben Zeitraum bekamen 107 neue Mitarbeiter einen unbefristeten Vertrag. Damit ist mehr als die Hälfte der neuen Angestellten bei der Stadt von zeitlich begrenzten Arbeitsverhältnissen betroffen.

Aus Sicht der Gewerkschaften kommt dies einem unhaltbaren Zustand gleich - zumal die Befristungen 2013/14 mit 142 Fällen noch höher lagen und zuletzt aufgrund vieler im Zuge der Flüchtlingskrise neu eingestellter Sozialarbeiter wieder gestiegen sein dürften. "Für die Kollegen sind prekäre Beschäftigungsverhältnisse immer mit großer Unsicherheit verbunden", sagte Verdi-Sekretär Reitzer. Er erhofft sich darum spürbare Verbesserungen durch die anstehenden Tarifverhandlungen, bei denen Solingen im Übrigen direkt vertreten ist. Denn der stellvertretende Personalratschef bei der Stadt, Uwe Hedtfeld, wird als Mitglied der Verdi-Bundestarifkommission in Potsdam mit am Tisch sitzen.

(or)
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