Solingen Stadt wegen alter EDV in der Kritik

Solingen · Langsam und störungsanfällig: Experten sehen Solingen computertechnisch in den 90er Jahren. Nun kommt die IT auf den Prüfstand. Doch Kritiker haben Zweifel am Vorgehen. Für sie sind die externen Prüfer zu eng mit Anbieter Civitec verbunden.

Solingen: Stadt wegen alter EDV in der Kritik
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Computerausfälle in Bürgerbüros, Störungen der Internetseite sowie Hackerangriffe, die die Daten der Bürger gefährden: Gerade im Online-Zeitalter spielt digitale Sicherheit eine stets größere Rolle. Auch darum und weil es in den vergangenen Jahren immer wieder Klagen über das eigene EDV-System gab, hat sich die Stadt jetzt entschlossen, in den nächsten Monaten ihre Computertechnik genau unter die Lupe zu nehmen.

Dabei hängt vor allem für die Firma Civitec eine Menge ab. Denn der kommunale IT-Dienstleister für augenblicklich rund 80 Städte, Kreise und Gemeinden, an dem Solingen mit 25 Prozent beteiligt ist, ist seit 2009 für die EDV in der Klingenstadt verantwortlich. Und am Ende des Prüfprozesses könnte durchaus auch ein Ende der Kooperation zwischen der Stadtverwaltung sowie Civitec stehen.

Allerdings mehren sich inzwischen die Zweifel, ob die Bestandsaufnahme wirklich zu einem Anbieterwechsel führen kann. Der Grund: Mit der Beratungsgesellschaft Inditango AG aus Hamburg fühlt dem IT-Dienstleister ausgerechnet ein Unternehmen auf den sprichwörtlichen Zahn, das seinerseits in den zurückliegenden Jahren mit Civitec arbeitete. So taucht der Name Civitec beispielsweise auf der Internetseite von Inditango bis heute unter der Rubrik mit den Kunden-Referenzen auf.

Im Rathaus selbst will man von einem möglichen Interessenkonflikt der Hamburger Berater aber nichts wissen. "Zurzeit findet zwischen beiden Firmen keine Zusammenarbeit statt", sagte der bei der Stadt verantwortliche Ressortgeschäftsführer Dirk Wagner gestern auf Anfrage unserer Redaktion. Vielmehr sei es so, dass die Fachleute von Inditango in einem ersten Schritt lediglich mit der "technischen" Bestandsaufnahme betraut worden seien. Sobald es in einer zweiten Phase um strategische Entscheidungen gehe, seien die Berater nicht mehr beteiligt, versicherte Dirk Wagner.

Tatsächlich befindet sich die Solinger Verwaltung computertechnisch schon seit langem nicht mehr auf der Höhe der Zeit. Dies wurde zuletzt noch einmal im Haupt- und Personalausschuss deutlich. Ob es nun um die Schulcomputer oder aber um den Schutz vor besagten Hackerangriffen gehe - auf praktisch allen Feldern der IT habe die Stadt Nachholbedarf, hieß es im Ausschuss gleich von mehreren Seiten.

Dementsprechend unzufrieden sind die Verantwortlichen im Rathaus mit der eigenen EDV sowie mit Civitec. Und mit einem solchen Urteil stehen die Stadtoberen keineswegs allein. Fachleute bemängeln ebenfalls seit Jahr und Tag, die städtische Computertechnik sei veraltet. "Die hat einen Stand wie in den 1990er Jahren", sagte jetzt einmal mehr ein privater IT-Dienstleister. "Da fällt doch einmal pro Woche etwas aus", betonte der Experte. Vieles gehe innerhalb der Verwaltung nicht, was heute technisch Standard sei. Würde die Stadt hingegen von einem privaten Unternehmen betreut und unterstützt werden, wäre man sehr schnell wieder auf der Höhe der Zeit.

Eine Einschätzung, die man an der Solinger Rathausspitze nicht uneingeschränkt teilt. Gleichwohl hat sich auch dort die Erkenntnis durchgesetzt, dass die eigene IT dringend einer Modernisierung bedarf. "Einige Dinge könnten in Zukunft flexibler gestaltet werden", betonte Ressortgeschäftsführer Wagner in diesem Zusammenhang. Denn immerhin sei es das Ziel der Stadt, nach und nach immer mehr Dienstleistungen für die Bürger auch online anzubieten - Stichwort E-Government.

Das wiederum lässt allerdings eine Neuausrichtung der IT - sowie gegebenenfalls einen Anbieterwechsel - dringender den je erscheinen. Wobei die Entscheidungsträger im Solinger Rathaus keinen Zweifel daran haben, dass zum Schluss tatsächlich auch eine Trennung von Civitec möglich ist. Dies sei rechtlich bereits geprüft worden, unterstrich Dirk Wagner gestern.

Indes ist das nicht unbedingt die einzige Option - zumal in der Verwaltung noch niemand mit Sicherheit sagen kann, wie teuer die Stadt ein endgültiger Schlussstrich unter das Kapitel Civitec kommen würde. Deshalb könnte nach Abschluss der IT-Bestandsaufnahme, die voraussichtlich im nächsten Jahr erfolgen wird, eine Kompromisslösung stehen.

So wäre etwa denkbar, dass einige EDV-Aufgaben bei Civitec verbleiben, während andere Bereiche fortan von privaten Dienstleistern erledigt werden. Eine stärkere Einbindung externer Solinger Anbieter, um in der Zukunft einen Anschluss an die computertechnische Moderne zu finden, wollte die Stadt am Mittwoch jedenfalls nicht ausschließen.

(uwv)
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