Eskilstuna In Schweden Ein Solinger Schmied kurbelte die schwedische Wirtschaft an

Solingen · Wen es in den Sommerferien nach Süd- oder Mittelschweden zieht, der sollte einen Abstecher nach Eskilstuna machen: Im dortigen Stadtmuseum finden sich nicht nur Blankwaffen aus der Klingenstadt, sondern der Solinger Johann Abraham Dinger hat die dortige Kleineisenindustrie im 18. Jahrhundert überhaupt erst angekurbelt. Über die Spuren seines Landsmannes stolperte jetzt Fördermanager Martin Hückeler vom städtischen Finanzmanagement bei einem Städtenetzwerk-Austausch im Rahmen des europäischen Mobilitätsprogramms "Eurotowns". Die damalige Regierung von Eskilstuna in der schwedischen Provinz Södermalmland (100 Kilometer westlich von Stockholm) hatte - quasi über einen "Headhunter" - den offenbar schon überregional bekannten Solinger Klingenschmied Johan Dinger mit seinen Söhnen Johan den Jüngeren und Johan Abraham "abgeworben".

Wen es in den Sommerferien nach Süd- oder Mittelschweden zieht, der sollte einen Abstecher nach Eskilstuna machen: Im dortigen Stadtmuseum finden sich nicht nur Blankwaffen aus der Klingenstadt, sondern der Solinger Johann Abraham Dinger hat die dortige Kleineisenindustrie im 18. Jahrhundert überhaupt erst angekurbelt. Über die Spuren seines Landsmannes stolperte jetzt Fördermanager Martin Hückeler vom städtischen Finanzmanagement bei einem Städtenetzwerk-Austausch im Rahmen des europäischen Mobilitätsprogramms "Eurotowns". Die damalige Regierung von Eskilstuna in der schwedischen Provinz Södermalmland (100 Kilometer westlich von Stockholm) hatte - quasi über einen "Headhunter" - den offenbar schon überregional bekannten Solinger Klingenschmied Johan Dinger mit seinen Söhnen Johan den Jüngeren und Johan Abraham "abgeworben".

Heimlich packte die Großfamilie ihre Siebensachen, denn die den Solinger Schneidwarenzünften angehörenden Handwerker hatten den sogenannten "Verbleibungseid" geschworen, in dem sie sich verpflichteten, die Kunst und die Geheimnisse der Solinger Klingen- und Schneidwarenproduktion weder weiterzugeben noch anderswo auszuüben. Nach einem kurzen Zwischenstopp in den Niederlanden stach die Familie in See. Zwei Monate dauerte die beschwerliche Schiffsreise - dann erreichten die Dingers Helsingborg. Von dort aus ging es mit der Kutsche nach Eskilstuna, wo sie am 6. April 1775 eintrafen. Doch das Leben in Schweden gestaltete sich nicht so, wie es der Vater und seine beiden Söhne erhofft hatten. Schon bald geriet die Familie, von deren 14 Kindern nur die Hälfte überlebte, in Schulden - ein Schicksal, dass sie mit vielen anderen Familien teilte, die ebenfalls mehr schlecht als recht von der Kleinindustrie lebten.

Die Verwaltung der Freistadt Eskilstuna ihrerseits bemängelte, dass die Dinger-Brüder zu fordernd aufträten und sich weigerten, die Solinger Schmiedekunst auch ihren schwedischen Kollegen zu vermitteln - was Johan d.J. und Johan Abraham wiederum veranlasste, mit ihrem Weggang zu drohen, weil man sie ihrer Ansicht nach so schlecht behandelte. Letztlich blieb die Familie Dinger aber in der neuen Heimat und wurde in der schwedischen Provinz sesshaft. Die Dinger-Söhne gingen bei ihren Vätern in die Lehre, die Töchter heirateten ihrerseits Schmiede, und noch heute lebt dort mit Sven Dingertz ein Nachfahre des Solinger Klingenschmieds Johann Abraham Dinger, der 45-jährig am 19. Oktober 1786 in Eskilstuna starb. Dingertz' Hintergrundwissen und die Blankwaffen-Sammlung der Familie bildete die Grundlage des 2004 erschienenen Buches "Auch Säbel - Blankwaffen in Krieg, Frieden und Geschichten".

In seinem Vorwort schildert der schwedische Waffenkenner Max Sjöberg, dass die Solinger Klingen im Schweden des 18./19. Jahrhunderts ein Statussymbol waren wie heutzutage ein Ferrari oder eine Rolex. Und besonders betuchte Herren ließen sich sogar mit einer Blankwaffe "made in Solingen" begraben.

(red)
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