Solingen Stadtwerke: Was bringt ein Bürgerfonds?

Solingen · Die Möglichkeit einer Bürgerbeteiligung am Energieversorger beschäftigt Politik und Bürger seit dem Rückkauf der Stadtwerke-Anteile vom Mannheimer Konzern MVV.

Eine wichtige Frage ist: Wie kann der Investitionsbedarf von bis zu 80 Millionen Euro in erneuerbare Energien in den nächsten fünf Jahren gedeckt werden? Aufschlüsse auch zu dieser Frage erwarteten rund 60 Zuhörer in der Kantine der Stadtwerke. Das Thema einer Informationsveranstaltung lautete: "Die BürgerEnergiegenossenschaft Jena — ein Modell für Solingen?"

Vollends einig waren sich die Gastredner in der Bewertung ihres gemeinsamen Projekts nicht. Professor Joachim Misselwitz aus dem Aufsichtsrat der Genossenschaft BürgerEnergie Jena hob den demokratischen Prozess hervor, der mit einer Bürgerbeteiligung am städtischen Energieversorger verbunden sei. Thomas Zaremba, Geschäftsführer der Jenaer Stadtwerke, bestritt hingegen den Einfluss der teilhabenden Genossenschaft auf die Geschäftspolitik seines Unternehmens.

Auch über die Effekte einer genossenschaftlichen Beteiligung sprachen die beiden Gäste aus Jena. Deren Stadtwerke kauften im Jahr 2011 Anteile der Energieriesen E.on und STEAG sowie der Erdgasversorgungsgesellschaft Thüringen-Sachsen von insgesamt 30 Prozent zurück. Dann stieg das städtische Unternehmen beim kommunalen Netzwerk THÜGA ein und verkaufte zwei Prozent seiner Anteile an die neu gegründete Genossenschaft BürgerEnergie Jena. Von den dafür erforderlichen acht Millionen Euro haben die rund 750 Mitglieder der Initiative inzwischen sechseinhalb Millionen zusammengebracht, der Rest wird gestundet.

"Wir wollen Verantwortung übernehmen und die Energiewende mit vorantreiben", beschrieb Joachim Misselwitz die Ziele der Genossenschaft. Zudem habe das Engagement bereits vier Prozent Rendite für die Mitglieder abgeworfen. Für Thomas Zaremba hat die Bürgerbeteiligung in erster Linie einen Imagegewinn für sein Unternehmen bewirkt. "Es ist aber nicht so, dass die Genossenschaft ein Stachel im Fleisch der Stadtwerke wäre", stellte er klar. Den Weg aus der Kernenergie und zu Projekten mit erneuerbaren Energiequellen habe das Unternehmen auch unabhängig von den Bestrebungen der Genossenschaft eingeschlagen.

Auf die Frage eines Gastes, ob er sich vorstellen könnte, noch mehr als zwei Prozent an BürgerEnergie zu verkaufen, reagierte Zaremba reserviert: "Dazu müssen wir uns zusammensetzen und prüfen, was es bisher gebracht hat", sagte er und erinnerte auch an die finanziellen Auswirkungen des Verkaufs: "Durch diese nur einmaligen Einnahmen werden unsere traditionellen Verluste in der Verkehrssparte sicher nicht geringer."

Einen psychologischen Effekt für die Käufer von Anteilen erwähnte SWS-Geschäftsführer Andreas Schwarberg in einer stärkeren Identifikation mit dem Stadtversorger: "Wenn die Bürger mit ihrem persönlichen Geld eingebunden sind, wissen sie zum Beispiel, was durch Preissenkungen auch in ihrer Geldbörse passiert."

(RP)
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