Solingen Streit um Kampfhund "Armani" als Therapie-Tier

Solingen · Eine Solingerin weigert sich, einem Moerser seinen Hund wiederzugeben und wird dabei vom Tierheim unterstützt. Die Verantwortlichen haben Bedenken, denn der Hund ist auffällig - und soll zur Therapie eines Autisten eingesetzt werden.

 Darüber, ob Armani ein Bullterrier ist, also ein Hund, der auf der Kampfhund-Liste geführt wird, oder nur ein Mini-Bullterrier, ist viel diskutiert worden. Im Moment ist er in Solingen zur Pflege, doch sein Besitzer fordert die Herausgabe.

Darüber, ob Armani ein Bullterrier ist, also ein Hund, der auf der Kampfhund-Liste geführt wird, oder nur ein Mini-Bullterrier, ist viel diskutiert worden. Im Moment ist er in Solingen zur Pflege, doch sein Besitzer fordert die Herausgabe.

Foto: Köhlen

Der Gerichtsvollzieher war schon da, doch Armani hat er nicht bekommen. Noch nicht. Doch es ist nicht ganz klar, ob das eine gute oder schlechte Nachricht ist. Denn Armani ist keine Luxus-Mode, Armani ist ein Bullterrier. Im Hundegesetz des Landes Nordrhein-Westfalen gelten Hunde wie er als "gefährlich". Vielleicht ist Armani jedoch auch ein Mini-Bullterrier, selbst das ist nicht so ganz klar.

Heinz Kraul aus Moers möchte seinen Hund trotzdem wiederhaben, obwohl er ihn noch vor wenigen Monaten freiwillig aus der Familie nahm, nachdem der Hund nach Krauls Ehefrau geschnappt hatte. Doch die Pflegestelle, die Armani aufnahm, weigert sich, den Hund herauszugeben und wird dabei vom Solinger Tierheim unterstützt, das den Hund vor rund einem Jahr an Kraul abgegeben hat. Denn Armani wird im Hause Kraul als Therapiehund eingesetzt für den 16-jährigen autistischen Sohn.

"Wir hätten den Hund niemals an ihn abgegeben, wenn wir gewusst hätten, dass der Sohn Autist ist", sagt Andrea Kleimt, die Vorsitzende des Solinger Tierschutzvereins. Denn Armani sei schon vor der Vermittlung auffällig gewesen. Im Übergabevertrag steht, dass er bei Tierarztbesuchen einen Maulkorb tragen sollte. Seit Andrea Kleimt von der Erkrankung des Sohnes weiß, will sie verhindern, dass der Hund in die Familie zurückkehrt: "Ich will mir nicht irgendwann Vorwürfe machen, dass das Tier auf den Jungen losgegangen ist".

Weil sich auch die Pflegestelle weigerte, hat Heinz Kraul vor dem Amtsgericht Solingen geklagt - und in erster Instanz Recht bekommen. Der Richter entschied: Armani muss herausgegeben werden. Ein Gerichtsvollzieher sollte ihn abholen, hat dies bislang aber noch nicht getan. Andrea Kleimt hofft, dass es dazu auch nicht kommt. Sie hat Berufung gegen das Urteil eingelegt.

Heinz Kraul versteht die Aufregung nicht. Dass Armani schwierig ist, vielleicht traumatisiert, habe das Tierheim ihm im Vorfeld verschwiegen. Der Hinweis auf den Maulkorb beim Tierarztbesuch sei wenig aussagekräftig, "das gilt im Prinzip für viele Hunde". Und selbst wenn: Er hätte den Hund trotzdem genommen. In der gemeinsamen Zeit habe dieser auch schon Fortschritte im Verhalten gezeigt. Heinz Kraul führt die verweigerte Herausgabe auf Differenzen zurück, die es bereits unmittelbar nach der Vermittlung mit dem Tierheim gegeben habe.

Bei der Übergabe des Terriers wollte Kraul die Schutzgebühr von 280 Euro in Form einer Spende bezahlen, weil er davon ausging, dass es die Option geben würde. "Hätte ich die Schutzgebühr in eine Spende umgewandelt, wäre dies Steuerbetrug gewesen und hätte die Gemeinnützigkeit gefährden können", sagt Andrea Kleimt. Der Moerser schaltete seine Anwälte ein - und die wiesen auf den Vermögensnachteil ihres Mandanten hin. Immerhin können Spenden steuerlich abgesetzt werden. Verfahrensbeteiligte sehen ein Muster, schließlich sorge auch die Kennzeichnung als "Therapiehund" dafür, dass Kraul keine Hundesteuer zahlen muss.

Der wehrt sich gegen die Unterstellungen: "Darum geht es nicht". Die Hundesteuer beträgt in Moers nur 110 Euro im Jahr, ein Betrag der kaum ins Gewicht falle angesichts der Kosten, die er bereit sei, für seinen Hund zu tragen. Denn Kraul vermutet aufgrund der Verdachtsdiagnose seines Moerser Haustierarztes, dass das plötzliche aggressive Verhalten ("Innerhalb von Stunden hatte er sich völlig verändert") auf Schmerzen des Hundes zurückzuführen sei. Als er den Hund an die Pflegestelle in Solingen gab, bat er darum, ihn untersuchen zu lassen, und sagte zu, alle anfallenden Kosten bezahlen. "Allein für die Diagnostik rechne ich mit rund 1000 Euro. Hinzu kommen voraussichtlich 5000 bis 10 000 Euro für tierverhaltenstherapeutische Maßnahmen je nach Dauer."

Kleimt bezweifelt, dass es medizinische Gründe für das Verhalten gibt. Armani sei als Therapiehund ungeeignet. "Es geht nicht nur darum, den Hund zu schützen", sagt sie: "Sondern auch die Familie".

(RP)
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