Solingen Studie gibt Verkehrspolitik schlechte Noten

Solingen · Parken ist im Vergleich zu Busfahrten zu billig, besagt eine neue Untersuchung. Dies hat auch Folgen für den ÖPNV.

 Busfahrten lohnen sich nach Ansicht von Experten auch in Solingen für viele Bürger nicht, da Parkscheine in der City billiger als Bustickets sind.

Busfahrten lohnen sich nach Ansicht von Experten auch in Solingen für viele Bürger nicht, da Parkscheine in der City billiger als Bustickets sind.

Foto: Radtke (Archiv)

Es war das gewohnte Bild. Wer gestern Nachmittag an der Kölner Straße an der Sparkassen-Hauptverwaltung einen Parkplatz suchte, musste vor allem eines mitbringen: Geduld. Alle gebührenpflichtige Stellplätze waren belegt. Doch was aus Sicht des Stadtkämmerers eine gute Nachricht bedeutet, ist in den Augen von Verkehrsexperten eher kontraproduktiv. In einer neuen Studie zur Qualität des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) sind die Fachleute der Hamburger Beratungsfirma "Civity" nun nämlich zu dem Ergebnis gekommen, dass die innerstädtischen Parkgebühren im Vergleich zu den Preisen für Busfahrten auch in Solingen deutlich zu gering ausfallen.

Beispielsweise zahlen Besucher der City, die mit dem Auto anreisen, für zwei Stunden lediglich zwei Euro, während Buskunden für eine Hin- sowie Rückfahrt in der Preisstufe A mit 5,40 Euro zur Kasse gebeten werden. Und das ist nach Expertenmeinung ein Unterschied, der wiederum viele davon abhält, bei alltäglichen Besorgungen in der Innenstadt öfter mal auf den Bus umzusteigen.

"Dabei können Städte gerade bei den Parkgebühren einen Einfluss auf die Entwicklung des Verkehrs nehmen", sagte gestern der bei "Civity" zuständige Leiter der neuen Studie, Stefan Weigele, im Gespräch mit unserer Redaktion. Immerhin hätten kommunale Verwaltung und Politik die Gestaltung der eigenen Parktarife selbst in der Hand, wohingegen die Fahrpreise im ÖPNV nicht allein von den Städten festgelegt würden.

Tatsächlich platzt die vor kurzem veröffentlichte "Civity"-Untersuchung mitten hinein in die aktuelle Diskussion um die Zukunft des Öffentlichen Personennahverkehrs in Solingen. So war erst im vergangenen Herbst der städtische Zuschuss für die defizitäre Verkehrssparte bei den Stadtwerken Solingen auf zukünftig neun Millionen Euro festgelegt worden. Und zudem hatten die Verantwortlichen nach drei Jahren des Testbetriebs die Einstellung der bisherigen Kleinbuslinie 688 beschlossen.

Entscheidungen, die bis zum heutigen Tag bei Teilen der Politik auf erheblichen Widerstand stoßen - wobei die Kritiker durch die neue Studie nun noch einmal Rückenwind erhalten könnten. Denn in der Untersuchung, bei der insgesamt über 50 Städte verglichen wurden, kommt nicht nur die Solinger Preispolitik auf öffentlichen Parkplätzen schlecht weg. Auch der ÖPNV als Ganzes schneidet eher mittelmäßig ab.

Zwar verfüge die Klingenstadt in der Summe über ein "vergleichsweise dichtes Busnetz", wie Studien-Leiter Weigele betonte. Gleichzeitig seien aber die Taktzeiten in Solingen teilweise "sehr dünn", was sich vor allem in den gemessenen Abfahrten widerspiegele, hieß es am Dienstag bei "Civity". Für Solingen kam die Studie demzufolge auf 24 Abfahrten je 100 Bewohner, während etwa Wuppertal mit einem Wert von 30 ein deutlich besseres Ergebnis verbuchte.

Allerdings gibt es auch Einwände gegen die Methodik der Untersuchung. "Wir glauben, dass diese zu kurz greift", sagte gestern eine Sprecherin der Verkehrsbetriebe. Sie verwies darauf, dass Wuppertal alleine schon durch die Schwebebahn im Vorteil sei. "Dort gibt es einen Drei-Minuten-Takt, den wir mit unseren Bussen nicht erreichen können", gab die Sprecherin zu bedenken, die parallel zugestand, die neue ÖPNV-Studie könne durchaus Diskussionen anstoßen.

Das sehen die Autoren der Untersuchung ähnlich. Zumal es sich bei Solingen nicht um die einzige Kommune handelt, die von einer Verkehrswende noch weit entfernt ist - gerade was die Parkgebühren angeht. So hätten "zahlreiche Städte" diese Entgelte "seit zehn Jahren nicht mehr erhöht", sagte Stefan Weigele. Im Gegenzug würden die Ticketpreise im Öffentlichen Personennahverkehr jedoch jährlich angehoben.

(or)
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