Solingen Trotz Terroranschlägen nach England

Solingen · Jetzt erst Recht oder doch dem Terror fern bleiben? Passieren kann theoretisch überall etwas. Umso schwieriger ist es für die Schulen, eine Entscheidung über die anstehenden Klassenfahrten nach England zu treffen.

Die Reise des Englisch-Leistungskurses der Jahrgangsstufe Q1 wurde schon vor Monaten gebucht, die letzte Rate des Gesamtpreises in Höhe von 380 Euro war im Mai fällig. London ist ab dem 17. Juni für eine Woche das Ziel der Schüler der August-Dicke-Schule (ADS). Eine siebte Klasse des Gymnasiums wird zeitgleich nach Südengland fahren und ebenfalls einen Abstecher in die britische Metropole unternehmen.

Doch nach dem jüngsten Terroranschlag am Abend des 3. Juni auf der London Bridge und in Borough Market ist manchem Schüler die Lust auf die Reise vergangen. Auch Eltern zeigen sich besorgt. ADS-Schulleiterin Monika Schneider kann das sehr gut nachvollziehen. "Es ist für jeden Schüler eine ganz persönliche Entscheidung, einmal mit dem Kopf und einmal mitdem Herz", sagt Monika Schneider.

Sie hat sich nach dem neuerlichen Anschlag mit mittlerweile acht Toten und fast 50 Verletzten beim Auswärtigen Amt in Berlin erkundigt, um zu erfahren, ob für England eine Reisewarnung besteht. Die besteht nicht. Die britischen Sicherheitsbehörden haben im Hinblick auf den internationalen Terrorismus nach dem Anschlag von Manchester die Warnstufe vier (Severe - attack is highly likely) von zuvor der höchsten Warnstufe fünf (Critical - attack is expected imminently) heruntergesetzt. Reisende werden gebeten, umsichtig zu sein und den Anweisungen der Sicherheitskräfte unbedingt Folge zu leisten. "Selbst bei der Warnstufe fünf ist keine Reisewarnung erfolgt", sagt die ADS-Schulleiterin.

Von daher werde die London- beziehungsweise Südenglandreise stattfinden. "Jeder Schüler, der meint, er ist beunruhigt, kann aber zu Hause bleiben", versichert die Leiterin des Gymnasiums an der Schützenstraße. Nach den Pfingstferien haben die Q1-Schüler in ihrem Leistungskurs das Für und Wider der Reise nach London mit ihrer Lehrerin besprochen. Tenor: Gefahren gibt es überall, aber das in London nun nichts passiert, kann auch nicht ausgeschlossen werden. Die Unsicherheit bei einigen Schülern bleibt.

Und geht es nach Peter Wirtz, "dann sollte jeder im Einzelfall entscheiden, ob er zu Hause bleibt oder mit auf Klassenfahrt geht". Der Leiter der Walder Friedrich-Albert-Lange-Gesamtschule (FALS) könne beide Seiten vestehen. Noch vor den Schulferien macht sich eine sechste Klasse der FALS nach Manchester zum Schüleraustausch auf. "Ich habe den Kollegen geraten, mit den Eltern die geplante Fahrt zu besprechen", sagt Peter Wirtz.

Das Gymnasium Schwertstraße bleibt nach Besprechungen mit dem Auswärtigen Amt definitiv bei der geplanten Fahrt. Die Klasse bleibt hierbei ein geschlossener Verband. "Es geht jetzt darum, wie man das Programm verändern kann, um Gefahren aus dem Weg zu gehen". Denn die Verantwortung für und der Schutz der Kinder stehe im Vordergrund. Vor allem sei aber der pädagogische Aspekt einer Klassenfahrt wichtiger als der touristische. "Es geht um das Gruppenerlebnis. Da ist es nicht so wichtig, wo genau man ist", so Schulleiter Ulrich Nachtkamp. So könne eine Englandfahrt auch ohne einen London-Besuch schön für die Kinder sein.

Am Humboldt-Gymnasium ist demnächst zwar keine Fahrt nach England geplant. Schulleiter Marko Voigt rät aber, sich eine Gefährdungsbeurteilung beim Auswärtigen Amt einzuholen und mit Organisatoren vor Ort zu sprechen. Im Einzelfall werde die Entscheidung den Eltern beziehungsweise den Schülern überlassen. "Die Schüler werden nur dorthin geschickt, wo es sicher ist oder wo sie sich eben sicher fühlen. Keiner möchte mit Angst eine Klassenfahrt antreten", so Marko Voigt. Im Falle von London müsse man eben Touristenmagnete und große Menschenansammlungen umgehen.

Generell sei es immer schwierig, im Einzelfall abzuwägen. Pauschal zu sagen, was das Richtige ist, sei nicht möglich. Das Auswärtige Amt berät Schulen über die Gefahr in England und gibt eine Einschätzung der Lage. Im Endeffekt liegt die Entscheidung aber bei der Schule oder den Eltern. Einige Schulen ermöglichen besorgten Eltern, Kinder einzeln von der Fahrt wieder abzumelden. In den meisten Fällen sei in den Reisekosten bereits eine Reiserücktrittsversicherung mitinbegriffen. Andere hingegen setzen auf den geschlossenen Klassenverband nach dem Motto: "Einer für alle - alle für Einen". Auf die Bedenken wird mit Programmanpassungen reagiert, denn etwas passieren könne auch in Berlin oder Düsseldorf.

(uwv)
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