Solingen Türkeiwahl: Vorwürfe gegen Solinger Imam

Solingen · Der Geistliche hat einen Wähler ungerechtfertigt in eine Wahlliste eingetragen und soll für den Mann sogar ein "Ja" zur Verfassungsänderung abgegeben haben.

 Die Ditib-Gemeinde, die ihre Moschee an der Kasernenstraße in der Innenstadt hat, wurde im Jahr 1989 gegründet.

Die Ditib-Gemeinde, die ihre Moschee an der Kasernenstraße in der Innenstadt hat, wurde im Jahr 1989 gegründet.

Foto: skoe (Archiv)

In der kommenden Woche werden die Bürger in der Türkei per Referendum entscheiden, ob Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan künftig über noch mehr Macht als heute verfügen kann. Weit mehr als 56 Millionen Menschen sind dazu aufgerufen, am 16. April zu den Wahlurnen zu gehen - wobei deren in der Bundesrepublik Deutschland lebenden Landsleute bereits seit März ihre Stimmen abgeben können.

Das geschieht unter anderem im türkischen Generalkonsulat in Düsseldorf, wo die Wahl nun aber durch einen Zwischenfall überschattet wurde. So werfen türkische Medien sowie Erdogan-Gegner in Solingen dem Imam der Ditib-Gemeinde in der City vor, als Wahlhelfer die Stimmabgabe eines Wählers manipuliert zu haben.

Generalkonsulat bestätigt Vorwürfe teilweise

Laut einem Bericht der Zeitung "Sözcü" soll der Geistliche, der erst seit kurzer Zeit in der Klingenstadt ist, den betroffenen Bürger zunächst ungerechtfertigterweise in eine andere als die für den Mann maßgebliche Wählerliste eingetragen haben. Und zudem wird dem Imam zur Last gelegt, anschließend für den Wähler mit einem "Ja" abgestimmt zu haben.

Das Generalkonsulat in der Landeshauptstadt bestätigte die im Raume stehenden Vorwürfe gegen den Imam in dieser Woche zumindest teilweise. Auf Anfrage unserer Redaktion teilte das Konsulat mit, es sei zuletzt während des Urnengangs in der Tat zu einer Unregelmäßigkeit gekommen.

So habe ein Bürger "aus Versehen in Düsseldorf gewählt", obwohl der Mann "in der Türkei registriert ist". Die Angelegenheit sei später protokolliert und inzwischen "dem Obersten Wahlausschuss" in der Türkei mitgeteilt worden, hieß es aus dem Generalkonsulat, das zudem betonte, es seien daraufhin entsprechende Konsequenzen gezogen worden.

Verwarnungsschreiben

Auf "Anordnung" des Wahlausschusses "wurde dem zuständigem Wahlort ein Verwarnungsschreiben gesendet", unterstrich das Konsulat. Dies habe zur Folge, dass der Bürger nicht noch einmal seine Stimme in der Türkei abgeben könne, da aufgrund der bei der Wahl verwendeten technischen Programme eine "Doppelwahl" ausgeschlossen sei.

Indes vermag diese Stellungnahme oppositionelle Kräfte kaum zu beruhigen. Denn nach ihrer Auffassung hätte der Mann überhaupt nicht abstimmen dürfen. "Die Frist, um sich innerhalb des Wählerverzeichnisses umschreiben zu lassen, war zum Zeitpunkt der Stimmabgabe längst abgelaufen", sagt beispielsweise ein Solinger, der der Politik von Präsident Erdogan sowie dem Referendum kritisch gegenüber steht.

Ditib-Gemeinde will sich nicht äußern

Die Solinger Ditib-Gemeinde erklärte derweil, sich zu "diesem Vorfall" nicht äußern zu können, weil man nicht in den "Wahlprozess involviert" sei. Und auch in der Deutschland-Zentrale von Ditib in Köln blieben mehrfache Anfragen unserer Redaktion bis gestern unbeantwortet.

Der Imam wiederum soll türkischen Medien zufolge direkt nach dem Vorfall von Ende März seinerseits von einem Versehen gesprochen haben. Darüber hinaus sei die Stimmabgabe selbst freiwillig erfolgt, gab der Geistliche in einem Schriftstück zu Protokoll, das später von der Zeitung "Sözcü" im Internet veröffentlicht wurde. Parallel dazu dokumentierte das Blatt aber auch Aufzeichnungen von Zeugen, die dieser Darstellung der Vorkommnisse widersprechen.

(or)
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