Solingen Türkische Lauten, mongolische Pferde und heiße Würstchen

Solingen · Da wird der Kontrabass gezupft, im Nebenraum spielt die Oboe die Pippi-Langstrumpf-Melodie, das Akkordeon wird gequetscht und ins Fagott gepustet. Und aus der Ferne wehen die jazzigen Klänge des Bläser-Schlagzeug-Ensembles aus der großen Halle herüber.

 Ausprobieren, spielen, zuhören: Mehrere tausend Kinder und Eltern nutzten den Tag der offenen Tür an der Musikschule.

Ausprobieren, spielen, zuhören: Mehrere tausend Kinder und Eltern nutzten den Tag der offenen Tür an der Musikschule.

Foto: Stephan Köhlen

Bei diesem wundervollen Klanggemisch an der Flurstraße weiß man sofort: Samstag war Tag der offenen Tür. Aber ein ganz exotischer Klang mischt sich ins Tönegewusel. Burak Sen, einer der rund 80 Lehrer an der Musikschule, erklärt der sechsjährigen Luisa die Saz. Das ist eine Langhalslaute mit sieben dünnen Saiten, ein Hauptinstrument in der türkischen Volksmusik.

Burak Sen greift in die Saiten und taucht in eine ganz besondere Klangwelt ein. "Das hört sich nach Urlaub an", sagt Vater Henning Schwarz amüsiert. Mutter Katja erklärt, dass man am Tag der offenen Tür probieren will, was für ein Instrument Luisa gefallen könnte.

"Ich spiele auch Gitarre, aber die Saz ist das Instrument, auf das ich meine Gefühle übertragen kann", so der Kölner Burak Sen, der in Solingen sechs Schülern die Kunst dieses Instruments nahebringt. Für Luisa geht es aber weiter. Sie möchte noch mindestens Trompete und Klarinette ausprobieren. "Das ist der Sinn dieses Tages, dass Kinder kommen und schauen, welches Instrument ihnen liegt", sagt Musikschulleiter Ulrich Eick-Kerssenbrock, der an diesem Tag mehrere tausend Besucher erwartet. "Ob eine Geige cool ist oder uncool, kann man nur herausfinden, wenn man sie in die Hand nimmt."

Rund 2200 Schüler hat die Musikschule zurzeit. Etwa 250 spielen in den Ensembles mit, die den ganzen Nachmittag Konzert in der Halle machen. Die Streicherklasse macht den beachtlichen Auftakt. Eick-Kerssenbrock: "Manche spielen gerade mal erst ein halbes Jahr ihr Instrument." Großes Finale ist dann natürlich mit dem Jugend-Sinfonie-Orchester und dem Symphonischen Blasorchester. "Denn der Sinn von Musik ist es auch, irgendwann mit anderen zusammen spielen zu können", sagt der Musikschulleiter.

Derweil erklärt Frank Kistner, Lehrer für Kontrabass und Mitglied der Dortmunder Philharmoniker, der siebenjährigen Mathilda und ihrem kleinen Bruder Vincent das gewaltig große Instrument. Die Kinder zupfen und streichen und sind ganz fasziniert vom tiefen, beruhigenden Klang. Ganz versunken scheinen sie. "Bei Kindern ist der Kontrabass fast populär geworden", erläutert Frank Kistner, während er den Kindern erklärt, wie man den Bogen anfasst und wo man die Saite drückt. Und ganz nebenher erfährt man Erstaunliches. Die Haare für die Bogen sind nicht nur einfach Pferdehaare. Sie stammen von mongolischen Pferden. Und da nur von den Hengsten.

Probieren, Spielen, Zuhören macht auch hungrig und durstig. Kaffee und Kuchen, heiße Würstchen und Getränke gibt es beim Förderverein. Gerd Brehms, Vorstandsmitglied, entsorgt gerade verbrauchte Kaffeefilter. "Die wichtigsten Aufgaben des Fördervereins, den es seit rund 30 Jahren gibt, sind es, Instrumente anzuschaffen und Kinder finanziell zu unterstützen, deren Familien das Geld für Musikunterricht fehlt." Knapp 500 Mitglieder umfasst der Verein heute.

(RP)
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