Ansichtssache Ungewohnte Töne aus dem Rathaus

Solingen · Die Stadt erinnert den neuen Investor der Galerien mit klaren Worten an seine Verantwortung. Das ist Pfeifen im dunklen Wald - und trotzdem richtig. Gemeinwohl ist nämlich mitnichten ein Wert von gestern.

Die Verwaltungsspitze der Klingenstadt ließ es in den zurückliegenden Tagen nicht an deutlichen Worten mangeln. Nachdem Oberbürgermeister Tim Kurzbach sowie Stadtdirektor Hartmut Hoferichter bereits den ruhmlosen Abgang des alten Galerien-Investors CR Investment in ungewohnt undiplomatischer Form gegeißelt hatten, bekam am Mittwoch dieser Woche auch der neue Besitzer des nahezu leeren Einkaufscenters in der City eine deutliche Ansage mit auf seinen Weg zurück nach Hessen. Man erwarte, dass Dr. Jochen Stahl bereits beim nächsten Treffen "ernst gemeinte Planungen und ein zukunftsfähiges Konzept für das Center" vorlege, beschied der OB dem Geschäftsmann aus Frankfurt am Main - und startete mit dieser Aussage gleich mal den Versuch, dem Neuen klar zu machen, wer aus Sicht der Stadt Koch, und wer Kellner ist.

Jetzt wird es gewiss nicht an Stimmen mangeln, die einwenden, die Verantwortlichen im Rathaus hätten im Zweifelsfall gar nichts zu melden, da sie nun einmal nicht im Besitz der Immobilie seien. Was zunächst einem korrekten Einwurf entspricht. Denn tatsächlich befinden sich die Eigentümer immer am längeren Hebel - wie die Stadt Solingen seit einer gefühlten Ewigkeit auf einer anderen Center-Baustelle, beim O-Quartier in Ohligs, mehr als deutlich vorgeführt bekommt. Und zudem hat der neue Investor der Clemens-Galerien durchaus eine faire Chance verdient - allein schon, weil der Stadt sowie der Solinger Stadtgesellschaft angesichts der realen Besitzverhältnisse ohnehin nur das Prinzip Hoffnung bleibt. Und weil es nach dem Fiasko mit dem letzten Eigentümer ja wohl kaum noch schlimmer kommen kann. Doch genau das ist falsch. Machen wir uns nichts vor: Wenn es jetzt wieder nichts wird mit den Clemens-Galerien, drohen große Teile der Solinger City zu "kippen" - und der Einzelhandelsstandort würde unabsehbaren Schaden nehmen.

Genau aus diesem Grund war es wichtig sowie richtig, den Investor in dieser Woche an etwas in unseren Zeiten scheinbar ganz Altmodisches zu erinnern. Nämlich daran, dass Eigentum verpflichtet. Damit ist zwar faktisch nichts gewonnen, weil die Verhältnisse nun mal so sind, wie sie sind. Trotzdem darf ruhig einmal zum Ausdruck gebracht werden, dass die Öffentlichkeit legitime Erwartungen hat. Sollte Dr. Stahl diese in den nächsten Monaten erfüllen - der Dank der Stadt und ihrer Bürger wäre ihm sicher.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort