Solingen Vater und Kinder nach zwei Jahren vereint

Solingen · Die Kinder von Ali Amer, der in Solingen lebt, flohen unter größter Gefahr aus Syrien. Durch eine Spendenaktion konnte der 38-Jährige seine Tochter und die zwei Söhne nach zwei Jahren wieder in die Arme schließen.

 Über den Libanon flüchteten die Kinder Shrin, Jan und Hamza aus Syrien. Jetzt leben sie mit ihrem Vater Amer Ali in Solingen.

Über den Libanon flüchteten die Kinder Shrin, Jan und Hamza aus Syrien. Jetzt leben sie mit ihrem Vater Amer Ali in Solingen.

Foto: Stephan Köhlen

Von so etwas wie Alltag und Normalität sind Amer Ali und seine Kinder noch weit entfernt. Was jetzt zählt, sind weitaus unmittelbarere Dinge: "Wir sind einfach nur glücklich, wieder zusammen zu sein", sagt der 38-jährige Ali. Zwei Jahre waren er und seine Kinder getrennt, vor zweieinhalb Wochen konnte der Syrer, der in Solingen lebt, Tochter Shrin (16) und die Söhne Hamza (11) und Jan (9) nach einer großen Spendenaktion wieder in die Arme schließen.

Was hinter der Familie liegt, lässt sich nur schwer in Worte fassen und noch schwerer begreifen: Nach Amer Alis Flucht aus Syrien vor zwei Jahren, blieb seine Familie zurück. Seine Frau kümmerte sich in der Heimat im Nordosten Syriens um die vier Kinder - bis sie vor einem Jahr starb. Sie sei erschossen worden, hat Amer Ali gehört. Die Großeltern kümmerten sich um die Kinder, während Amer Ali rund 3000 Kilometer entfernt fast daran verzweifelte, sie nicht beschützen zu können. Nachts sei er rastlos durch die Straßen gerannt, tags habe er jede Sekunde an die Familie gedacht.

Und dann ging alles plötzlich ganz schnell: Über die "Willkommensgruppe" kam Ali vor drei Monaten in Kontakt zu Fatima Khodr, die den Gesprächskreis als Anlaufpunkt für Flüchtlinge einmal wöchentlich im Café Courage anbietet. Sie setzte alle Hebel in Bewegung, um zu helfen. Ungefähr zur gleichen Zeit machte sich tausende Kilometer entfernt sein Vater mit den vier Kindern auf den Weg einmal quer durch Syrien, damit sie über den vermeintlich sicheren Libanon ausreisen. "Sie leben nur wenige Kilometer von der türkischen Grenze entfernt, doch dort lauern Scharfschützen", weiß Christian Mancke, der Ali bei der Familienzusammenführung unterstützt hat.

Als die Kinder in Beirut endlich ihre Visa bekommen, läuft fast zeitgleich in Solingen eine eindrucksvolle Hilfsaktion an: Innerhalb von nur eineinhalb Tagen gelingt es Edelmira Zarniko und Helmut Eckermann von Amnesty International 2540 Euro an Spendengeldern zu sammeln, um den Kindern die Einreise nach Deutschland zu ermöglichen. "Fatima Khodr hat mich abends um 22.30 Uhr angerufen und gefragt, wie wir es schaffen können, innerhalb von eineinhalb Tagen das Geld zusammen zu bekommen", erzählt Zarniko. Hunderte E-Mails und kaum 40 Stunden später war das Geld zusammen, kurz darauf kamen die Kinder an. "Ein großes Dankeschön an alle Spender und Helfer. Dies zeigt, wie große die Spendenbereitschaft in Solingen ist und dass die Leute helfen wollen", so Eckermann und Zarniko. Amer Ali und seine Kinder müssen jetzt ihren Weg in ihr neues Leben finden. Noch ist ihr Glück getrübt: Der 14-jährige Sohn ist seit der Flucht im Libanon verschwunden. "Wir haben eine Vermisstenanzeige aufgegeben und nutzen alle Möglichkeiten, ihn zu finden", sagt Fatima Khodr. Ali tut indes alles, um sich und die Kinder abzulenken. Den Jungs hat er Sternchen in die kurzen Haare über den Ohren rasiert. "Das war einfach ein Spaß für uns alle ", sagt er und lächelt.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort