Solingen Verfassungsschutz beobachtet zwei Moscheen in Solingen

Solingen · Die radikalen Muslime sind in Solingen und Umgebung weiter aktiv. Die Behörden gehen für das bergische Städtedreieck von mehr als 200 Salafisten aus. Zwei Solinger Moscheen gelten als salafistisch beeinflusst und werden beobachtet.

In den zurückliegenden Monaten war es verhältnismäßig ruhig geworden um die Szene. Nur noch selten zeigten sich Salafisten in der Öffentlichkeit, nachdem die radikalen Muslime mit ihren auffallenden Gewändern in einigen Teilen der Stadt eine ganze Zeit lang fast schon zum gewohnten Solinger Straßenbild gehört hatten.

Doch die scheinbar fehlende Präsenz bedeutet im Umkehrschluss keineswegs, dass sich die Gruppe aus der Klingenstadt zurückgezogen hat. Im Gegenteil: Solingen und seine Nachbarstädte zählen nach wie vor zu den salafistischen Hochburgen in Nordrhein-Westfalen. "Im gesamten bergischen Städtedreieck gibt es mehr als 200 Salafisten", sagte am Montag ein Sprecher des NRW-Innenministeriums auf Anfrage unserer Redaktion.

Zwei Moscheen gelten als "salafistisch beeinflusst"

Dabei sind die Islamisten auch in der muslimischen Minderheit weiter aktiv und versuchen, ihren Einfluss zu vergrößern. So beobachtet das Landesamt für Verfassungsschutz in Solingen aktuell zwei Moscheen, die von den Radikalen regelmäßig besucht werden und als salafistisch beeinflusst gelten, wie der Sprecher des Innenministeriums nun bestätigte.

Zwar gelten diese beiden Gotteshäuser nicht automatisch als von den Radikalen unterwandert. "In Fällen anderswo war es unter anderem so, dass die Vorsitzenden der betroffenen Moschee-Vereine noch nicht einmal von den Aktivitäten innerhalb ihrer Räumlichkeiten wussten", berichtete der Ministeriums-Sprecher aus dem Alltag in den betroffenen Moscheen.

Dennoch nehmen die Behörden den Einfluss der Extremisten sehr ernst. "Beispielsweise kann es vorkommen, dass in den Moscheen radikale Prediger auftreten und ihre Thesen verbreiten", hieß aus dem NRW-Innenministerium.

Salafisten haben Taktik geändert

Tatsächlich haben die Salafisten nach Erkenntnissen deutscher Sicherheitskreise in den zurückliegenden Jahren ihre Taktik grundlegend verändert, ohne deswegen an Anziehungskraft - vor allem auf junge Menschen - einzubüßen. Waren die Islamisten, die Anhänger einer besonders rigiden Auslegung des Korans sind, zu Beginn ihrer Aktivitäten, auch in Solingen, durch ein besonders aggressives und provokatives Verhalten in der Öffentlichkeit aufgefallen, so verfolgen die Islamisten inzwischen eine zurückhaltendere Strategie.

Vor allem seit der Schließung ihres eigenen Gebetsraums an der Konrad-Adenauer-Straße und dem damit einhergehenden Verbot des Vereins Millatu Ibrahim im Juni 2012 zogen sich die Solinger Radikalen beispielsweise zunächst einmal weitgehend aus dem Fokus der gesellschaftlichen Wahrnehmung zurück.

"Treffen von Gruppenmitgliedern verlagerten sich in Privatwohnungen", sagte der Sprecher des Innenministeriums - was indes nicht gleichbedeutend damit ist, dass die Gefahr durch die Salafisten gesunken wäre. So machten die Islamisten fortan zwar nicht mehr durch spektakuläre Aktionen - wie etwa die Straßenschlacht mit der Polizei am Maifeiertag 2012 - von sich reden. Trotzdem verfestigten sich die radikalen Ansichten der Salafisten weiter - mit der Folge, dass einige Anhänger aus der Solinger Szene später in die Kriegsgebiete des Nahen Ostens zogen.

Einer dieser "Dschihad-Touristen" ist der Konvertit Christian Emde, der sich im Jahr 2014 in den Irak absetzte. Dort soll er in der vom sogenannten Islamischen Staat besetzten Stadt Mossul eine wichtige Funktion ausüben. Nach Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden hält sich Emde bis heute in dem Krisengebiet auf, das inzwischen hart umkämpft ist. Ein weiterer Solinger Salafist, der ebenfalls zum Islam konvertierte Robert Baum, soll sich hingegen bei einem Selbstmordattentat im Irak getötet haben. Bei dem Anschlag soll Baum dutzende Menschen mit in den Tod gerissen haben.

(or)
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