Solingen Vor dem Abi die eigene Firma gründen

Solingen · Recycelte Portemonnaies, Mode und ein Überlebenspaket - die Geschäftsideen der Gesamtschüler sind individuell.

Nicht jeder Zwölftklässler hat eine eigene Firma - die Teilnehmer des Projektkurses "Schülerfirma" an der Alexander-Coppel-Schule schon. Und ihre Geschäftsideen sind ausgefallen: individuell designte T-Shirts, ein Überlebens-Paket für Katastrophenfälle und Portemonnaies aus alten Turnmatten. Die 27 Schüler des Kurses teilen sich also auf drei Firmen mit eigens entwickeltem Produkten auf.

"Jede Firma hat neben ihrem Geschäftsführer Abteilungen für Marketing, Einkauf, Personal Produktion und Buchführung. Auch einen Aufsichtsrat gibt es", erklärt Torhan Gülderen (19). Er selbst vermarktet die schwarz-weißen T-Shirts der Firma "Louvage", für deren Produktion die Schüler mit einem Solinger Unternehmen zusammenarbeiten. Was es mit dem Namen auf sich hat, erklärt Geschäftsführer Soydan Saydi (19): "Das Wort ,Louvage' ist ans Französische angelehnt, es existiert aber bisher noch nicht. Durch unsere Produkte wollen wir eine Bedeutung für den Begriff schaffen."

Eine weiße, wasserdichte Tonne, mit deren Inhalt vier Personen eine Woche überleben können: Das ist das "Funktionale Überlebenspaket" (FÜP) der gleichnamigen Firma. Zum lebensrettenden Inhalt gehören unter anderem Wasseraufbereitungstabletten, ein Verbandskasten und haltbare Lebensmittel wie Pumpernickel und Erbswurst. "Die Idee bekamen wir durch den Aufruf an die Bürger im letzten Jahr, einen Lebensmittelvorrat für den Notfall anzulegen", erklärt FÜP-Geschäftsführer Felix Kronenberg (18).

Mit der sinnvollen Wiederverwertung alter Turnmatten, die für den Sportunterricht ausgedient haben, beschäftigen sich die Firmenmitglieder von "Coppairs". Aus dem kunststoffbeschichteten Mattenstoff werden nützliche Dinge wie Portemonnaies und Handytaschen hergestellt. Der Name leitet sich zum einen vom Namensgeber der Schule und zum anderen von ,air' ab. Der englische Begriff deutet hierbei auf die ursprüngliche Firmenidee hin, aus alten Turnmatten Hängematten herzustellen. Das sei aber zu materialaufwendig und auch ein wenig zu gefährlich in der Anwendung gewesen.

Nach dem Motto "Learning by Doing" erfahren die Schüler alles, was zu einer Firmengründung dazugehört. "Unsere Firmen sind offiziell eingetragen, wir müssen Steuern zahlen und bekommen sogar ein Gehalt", erzählt Robin Sürth (20), Geschäftsführer von Coppairs. "Das Gehalt in Höhe von 35 Cent ist allerdings eher symbolisch", fügt Lehrerin Birgit Görner hinzu.

Gemeinsam mit Lehrerin Natalie Nickel leitet sie das Projekt, das zwar offiziell ein Unterrichtsfach ist. "Die Schüler arbeiten aber komplett selbstständig und treffen sich auch außerhalb der Schule. In der wöchentlichen Unterrichtsstunde bringen sie uns und sich gegenseitig auf den neuesten Stand", erklärt Natalie Nickel. "Wir sehen uns dabei in der Rolle als Coaches."

Das Gerüst bildet das Projekt "Junior" des Instituts der Deutschen Wirtschaft Köln. Das berät und betreut die Lehrer und Schüler während des gesamten Schuljahres und stellt die Unterrichtsmaterialien. Für die Abteilungen Marketing und Buchführung sowie die Geschäftsführer gab es zu Beginn des Schuljahres Seminare, in denen die Schüler in ihr zukünftiges Aufgabenfeld eingearbeitet wurden und Tipps von Experten bekommen haben.

Auch die rechtliche Absicherung ist durch das Institut gewährleistet. So können die Firmen, die mit einer Laufzeit von einem Jahr angemeldet sind, beispielsweise keine Schulden machen. Das benötigte Startkapital bestreiten die Schüler mit dem Verkauf von Anteilsscheinen.

"Man wird in das alltägliche Geschehen einer Firma hinein geschmissen", resümiert Patrick Muthes (17). "Das bereitet uns alle auf die spätere Arbeitswelt vor." Auch die anderen Schüler nehmen den Projektkurs sehr gut an. "Zwar gibt's auch mal Probleme, zum Beispiel gestaltet sich der Verkauf der Produkte schwieriger als gedacht", berichtet Esther Strickhausen (17), die das Marketing von FÜP leitet. "Aber mit Teamarbeit und Dialog kann man einiges schaffen."

Die Produkte werden auf der Juniormesse, die morgen von 9.45 bis 18.30 Uhr in den City-Arkaden Wuppertal stattfindet, ausgestellt. Hier werden neben den drei Firmen der Solinger Gesamtschule weitere Schülerfirmen aus der Umgebung ihre Geschäftsideen präsentieren.

(RP)
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