Solingen Vorlese-Geschichten in zwei Sprachen

Solingen · Rund 30 Kinder ließen sich beim russischen Tag in der Kinderbibliothek zweisprachig vorlesen.

Die Geschichte von den verschwundenen Formen fesselte die Mädchen und Jungen in der Kinderbücherei der Stadtbibliothek von Anfang an: In einem großen Kreis saßen sie auf gemütlichen Kissen um Olena Mislavska und Emine Kaya herum und lauschten, wie Kreis, Quadrat und Rechteck eines Tages plötzlich von der Welt verschwanden.

Die Geschichte aus dem Bilderbuch hörten die rund 30 Kinder dabei gleich auf zwei Sprachen: Olena Mislavska las sie gestern anlässlich des russischen Tages in der Kinderbibliothek auf Russisch, Emine Kaya auf Deutsch. Die beiden Frauen, Mislavska gebürtige Ukrainerin, Kaya gebürtige Türkin, sind Vorlesepatinnen in der Kinderbücherei: Jeden Mittwoch (16 bis 17 Uhr) gibt es hier kostenfrei unter der Überschrift "Die ganze Welt im Bilderbuch" zweisprachige Bilderbuchstunden in ganz verschiedenen Sprachen für Kinder ab vier Jahren.

Für Emine Kaya, die sowohl auf Deutsch als auch auf Türkisch vorliest, ein wichtiges Engagement: "In erster Linie geht es mir darum, auf Kinder zuzugehen", sagt die Solingerin, die selbst vier Kinder hat. Sie selbst, sagt Kaya, sei seit ihrer Kindheit ein wahrer Bücherwurm. "Viele Kinder sind heute sehr ungern mit Büchern zusammen. Als Vorlesepatin möchte ich Kindern Bücher wieder näher bringen." Und dabei hat sie tatkräftige Unterstützung aus ihrer Familie: Auch ihre beiden Söhne, elf und 13 Jahre alt, haben sich bereits zu Vorlesepaten ausbilden lassen.

Olena Mislavska engagiert sich seit dem Sommer als Vorlesepatin. "Ich wollte gerne mit Kindern arbeiten. Hinzu kommt, dass es natürlich für Kinder wichtig ist, dass sie sowohl Deutsch als auch die Muttersprache sprechen können. Ich möchte Kinder in ihrem Sprachgefühl und ihrer Sprachentwicklung unterstützen", sagt die 30-Jährige. Das ist auch das Anliegen des Vereins "Raduga - Solinger Initiative für mehrsprachige Kindererziehung", der den russischen Tag gemeinsam mit der Stadtbibliothek ausgerichtet hat und im Anschluss an das Vorlesen den Film "Das goldene Schlüsselchen: oder die Abenteuer des Burattino" auf Russisch zeigte.

"Es geht uns um die Sprache", sagte Tanja Schwenke vom Verein. "Wir sind gut integriert, wir haben kein Problem mit der deutschen Sprache. Doch es ist wünschenswert, dass die Kinder die Muttersprache genau so gut lernen wie die Umgebungssprache. Spracherwerb ist das wichtigste für Kinder und eine Sprache mehr zu beherrschen, hat sich noch nie als Nachteil erwiesen", so Schwenke. "Lesen ist die Basis alles weiteren Lernens", sagt Charlotte Struckmeier von der Kinder- und Jugendbibliothek. Vor diesem Hintergrund gibt es hier bereits seit rund neun Jahren das zweisprachige Lesepatenprogramm. "Die Idee dahinter ist die kreative und motivierende Sprach- und Leseförderung, insbesondere auch im Bereich der interkulturellen Zweisprachigkeit. Es geht darum, das Buch spielerisch zu erleben."

18 zweisprachige Paten lesen derzeit unter anderem auf Englisch, Russisch oder Türkisch vor, nochmal soviele immer samstags nur auf Deutsch (siehe Kasten). "Es wäre toll, wenn wir noch Muttersprachler hätten, die auf Italienisch, Arabisch und Albanisch lesen", so Struckmeier. Die zweisprachigen Vorlesepaten werden vom Kommunalen Integrationszentrum geschult, sie können auf umfangreiche Medien in der Bibliothek zurückgreifen.

(RP)
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