Solingen Ware im Internet verkauft - aber nicht verschickt

Solingen · Die drei Pakete mit den Krad-Einzelteilen, die der 20-Jährige in einem Kleinanzeigenportal versteigert hat, sollen fertig gepackt in seiner Wohnung gestanden haben - abgeschickt hat der junge Mann sie aber nicht. Und das, obwohl die Käufer die Beträge von zwischen 50 und 56 Euro unmittelbar auf sein Konto überwiesen hatten.

Wegen Betrugs musste sich der Auszubildende deshalb jetzt vor dem Jugendschöffengericht verantworten. Unter Einbeziehung einer noch laufenden Bewährungsstrafe verurteilte ihn das Gericht zu einer Einheitsjugendstrafe von neun Monaten, ausgesetzt zur Bewährung. Der allerletzte Warnschuss: "Ihm sollte bewusst sein, dass es sich hier um eine Sondersituation handelt. Die Chance dazu bekommt man nicht oft, und er wird sie nicht noch einmal bekommen. Wenn noch mal was passiert, ist die nächste Adresse Ronsdorf", machte der Staatsanwalt deutlich und meinte damit die Wuppertaler Justizvollzugsanstalt.

"Es ging drunter und drüber in dieser Zeit", sagte der junge Mann. Als er die Teile ins Internet gestellt habe, sei er gerade mitten im Umzug gewesen, aus der eigenen Wohnung zurück zum Vater gezogen. "Ich weiß nicht, was mit mir los war und warum ich mich nicht darum gekümmert habe. Ich habe es nicht so gewollt, wie es passiert ist", räumte er ein. Der Umzugsstress, stellte sein Verteidiger klar, habe dazu geführt, dass der 20-Jährige Mist gemacht habe. Der Stress - und vermutlich das Wesen des jungen Mannes: Er handele unüberlegt mit wenig Struktur, sei überhaupt nicht altersgerecht entwickelt und brauche Hilfe bei allen finanziellen Angelegenheiten, sagte die Bewährungshelferin.

Das Chaos in seinem Leben habe mit seinem 18. Geburtstag begonnen, erläuterte der Vertreter der Jugendgerichtshilfe: "Er hat sich gedacht, jetzt bin ich 18, jetzt bin ich volljährig, jetzt mache ich nur noch, was ich will." Herausgekommen sind dabei ein Berg Schulden, den der Solinger mittlerweile jedoch abgetragen hat, Vorstrafen wegen des vorsätzlichen Zulassens des Fahrens ohne Führerschein, wegen Betrugs und einer vorsätzlichen Straßenverkehrsgefährdung in Tateinheit mit Körperverletzung für einen Unfall, bei dem er sich mit seinem Beifahrer im Auto im Kreisverkehr am Obi überschlug. 2014 wurde er dafür zu einer Jugendstrafe von sechs Monaten verurteilt, die Bewährung läuft noch.

Zugleich jedoch hat der junge Mann es geschafft, eine Ausbildungsstelle zu finden, hat dort gute Noten und kann dem Gericht ein positives Schreiben seines Arbeitgebers vorlegen. "Deshalb habe ich mich über die Anklage auch so gewundert. Ich dachte, Du hättest den Knall gehört", sprach der Richter den jungen Mann, der kurz vor der Gerichtsverhandlung auch die ausstehenden Summen an die Internet-Käufer zurück überwiesen hatte, direkt an. "Auch wenn die Schadens-Wiedergutmachung spät kam, gehe ich davon aus, dass Du die Fähigkeiten hast, ein vernünftiges Leben zu führen", so der Richter.

(mxh)
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