Solingen Wasserfuhr-Brüder brauen ihr Jazz-Bier

Solingen · Julian und Roman Wasserfuhr sind nicht nur hervorragende Jazz-Musiker, die weit übers Bergische Land bekannt sind. Sie brauen auch "Schnaff" - im Keller des Elternhauses.

Solingen: Wasserfuhr-Brüder brauen ihr Jazz-Bier
Foto: Moll Jürgen

Die Liebe zum Gerstensaft liegt der Familie Wasserfuhr aus Hückeswagen im Blut. Genau wie die zur Jazz-Musik. Der 30-jährige Julian Wasserfuhr spielt Trompete, sein drei Jahre älterer Bruder Roman Klavier - gemeinsam haben sie in wechselnden Besetzungen auf mittlerweile fünf Alben ihre Version des immer leicht melancholischen und technisch anspruchsvollen modernen Jazz immer weiter verfeinert. Und sie haben mit dem jüngsten Werk "Landed In Brooklyn" aus dem Jahr 2017 gar Charts-Luft geschnuppert.

 Das "Schnaff" wird in Hückeswagen im Elternhaus der Wasserfuhr-Brüder gebraut.

Das "Schnaff" wird in Hückeswagen im Elternhaus der Wasserfuhr-Brüder gebraut.

Foto: Nikolas Müller (2)

Aber neben der Musik ist es das Bier, das den Brüdern hervorragend mundet - seit vier Jahren betätigt sich das Brüderpaar auch als Bierbrauer. "Die Initialzündung, uns im Brauen zu versuchen, kam bei unseren Konzertreisen", erinnert sich Roman Wasserfuhr. So habe man in den verschiedenen Städten immer verschiedene Biersorten zu trinken bekommen. "Mal gab es sehr leckeres Bier, etwa in der Region um Bamberg in Franken. Dort gibt es ja eine enorme Brauereidichte", sagt Roman Wasserfuhr. Praktisch jedes Dorf habe dort seine eigene Brauerei. Aber auch das Gegenteil kam ins Glas: "Genauso waren wir in Regionen, in denen uns nur Industrieplörre ausgeschenkt wurde", sagt der 33-Jährige. Da reifte in den Jazz-Brüdern erstmals eine Idee: "Wir dachten, dass es schon cool wäre, unser eigenes Bier zu brauen."

Weiter verfolgt wurde diese Idee aber erst einmal nicht. "Irgendwann - etwa vor vier Jahren war das - hat uns ein Kumpel den Werbeprospekt der Firma Speidel-Braumeister aus dem schwäbischen Ofterdingen in den Briefkasten geworfen", erzählt Roman Wasserfuhr. In einer sprichwörtlichen Bierlaune habe man den "Braumeister" bestellt: "Wir haben uns gesagt: 'Komm, wir machen das jetzt.' Und dann haben wir einen 50-Liter-Brautank bestellt." Als dieser geliefert wurde, war die erste Erkenntnis ein wenig ernüchternd: "Wir haben nämlich festgestellt, dass hinter dem Brauen mehr steckt, als nur die Zutaten in einen Topf zu schmeißen", sagt der Hückeswagener und lacht. Eine kleine Odyssee auf dem Weg zum perfekten Rezept war die Folge - häufige Verkostungen der Prototypen im Freundeskreis inklusive. "Es gab viele Experimente und einige Fehlschläge. Aber irgendwann haben wir schließlich unser Rezept gefunden", berichtet der 33-Jährige.

Das Bier heißt nun "Schnaff" - eine größere Geschichte steckt jedoch nicht hinter der Namensfindung: "Irgendwann kam das in lustiger Runde auf. Und weil man das gut rufen kann, haben wir es behalten", lautet Wasserfuhrs lapidare Begründung.

Als Rezept und Name gefunden waren, standen die brauenden Jazz-Brüder vor der Gretchenfrage: Wie geht's jetzt weiter ? "Der Aufwand für 50 Liter ist ja der gleiche wie für 200, 500 oder auch 1000 Liter", sagt der Pianist. Gleichzeitig wuchs der Wunsch, das Bier auch der Öffentlichkeit zu präsentieren - am liebsten im großen Rahmen des Hückeswagener Altstadtfests im September. "Also haben wir uns einen 200-Liter Gärbehälter mit Kühlung aus Edelstahl gekauft", sagt Roman Wasserfuhr. Die Brau-Ausrüstung wuchs weiter, so dass zum Altstadtfest 2017 innerhalb von zwei Monaten 1600 Liter "Schnaff"-Bier gebraut wurden. Und die Hückeswagener lieben nicht nur den Jazz der Brüder Wasserfuhr, sondern auch deren Bier: "Sonntagnachmittag um halb drei waren die 1600 Liter weg", sagt Roman Wasserfuhr mit Stolz.

Das Bier schmeckt in der Tat köstlich. Was vielleicht auch am verwendeten Hückeswagener Brauwasser liegen mag: "Wir nehmen ganz normales Leitungswasser, das wir natürlich vorher auf den passenden pH-Wert haben testen lassen. Der Test hat ergeben, dass das Wasser wunderbar geeignet ist", betont der 33-Jährige. Neben dem Wasser werden Malz der Bamberger Mälzerei Weyermann und eine Hopfenmischung aus Deutschland und den USA verwendet. Der Gärprozess, für den dann dem Brau-Sud, der sogenannten Würze, noch Hefe zugefügt wird, dauert einen Monat. Die Herstellung der Würze etwa sieben Stunden: "Damit bekommen wir 200 Liter Würze, die dann gären kann", erläutert Wasserfuhr. Es ist also eine durchaus aufwändige Angelegenheit, das "Schnaff"-Bier aus Hückeswagen herzustellen.

Kein Wunder also, dass die Jazz-Brüder den edlen Stoff nicht nur für den Eigenbedarf brauen. Nach der Altstadtfest-Premiere reiften die ersten Überlegungen, ein eigenes Bier-Fest in Hückeswagen, das "Schnafftival", zu organisieren. Voriges Wochenende war Premiere: An zwei Tagen gab es im Kultur-Haus Zach Jazz, Bier und gute Laune - ein großer Erfolg, der auch in weiteren Städten wiederholt werden soll: "Wir wollen das 'Schnafftival' in ganz Deutschland veranstalten", sagt Roman Wasserfuhr. Außerdem wird es, vermutlich ab Mai, Fünf-Liter-Fässchen "Schnaff" zu kaufen geben. Und wie es sich für eine echte Merchandising-Maßnahme gehört: Auf den Fässchen ist das "Schnaff"-Logo zu sehen, es gibt T-Shirts, Kappen und Gläser im Online-Shop zu kaufen.

Gebraut wird übrigens im Keller des Elternhauses an der Heidenstraße: "Die Stadt war da völlig unkompliziert, was die Genehmigungen anging", sagt der 33-Jährige. Wichtig sei gewesen, dass die Anwohner nicht etwa durch Geruch belästigt würden. "Wir haben eine hochmoderne Lüftungsanlage installiert - man riecht also nichts", bestätigt Roman Wasserfuhr. Vielleicht, so scherzt der 33-Jährige, werde man aber einen Flaggenmast aufstellen: "Wenn die 'Schnaff'-Flagge gehisst ist, wissen die Leute, dass es bald neues Bier von uns gibt . . ."

(wow)
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