Solingen Weltmeister wird man in zehn Minuten

Solingen · Busfahrer Thomas Graf nimmt morgen in Finnland zum letzten Mal an einer WM im Geschicklichkeitsfahren teil.

 Das Foto entstand beim Training vor dem Flug zur WM in Südafrika im Jahr 2012 - "eine ganz tolle Weltmeisterschaft", wie der Busfahrer sich erinnert.

Das Foto entstand beim Training vor dem Flug zur WM in Südafrika im Jahr 2012 - "eine ganz tolle Weltmeisterschaft", wie der Busfahrer sich erinnert.

Foto: Mak (Archiv)

Es wird der Abschluss einer Karriere, die Thomas Graf rund 100 Pokale und Urkunden eingebracht hat: Morgen nimmt der 54-Jährige zum fünften und letzten Mal an einer Weltmeisterschaft im Geschicklichkeitsfahren teil. Gestern flog der Busfahrer nach Finnland; heute trainiert er in Jyväskylä, und am Abend findet die offizielle Eröffnungsfeier statt. Freitagmittag tritt Graf dann gegen 36 weitere Busfahrer aus 13 Nationen an. Die weiteste Anreise hat das Team aus Simbabwe.

Dass es der letzte sportliche Höhepunkt für Graf ist, das hat gesundheitliche Gründe. Bereits 2014 schied der Busfahrer der Stadtwerke aus dem Liniendienst aus. In Finnland wird er noch einmal rund zehn Minuten auf dem Bock sitzen. So lange darf es (ohne Strafpunkte) dauern, den Parcours mit neun Stationen zu absolvieren. Dabei geht es unter anderem darum, den Bus an einer Zapfsäule anzuhalten (vorgeschriebener Abstand zur Tankklappe ein Meter) oder Breite und Höhe des Busses möglichst genau zu schätzen. Graf: "Das geht alles mit Gefühl und Augenmaß."

"Die Fahrzeuge stellt immer der Veranstalter", sagt der gebürtige Solinger. In Finnland wird es ein Volvo-Bus sein. "Auch die Aufgaben sind unterschiedlich", erläutert Graf. "Nicht einmal bei nationalen Turnieren sind sie gleich." Deutschland tritt bei der WM - es ist die 30. - mit einem 17-köpfigen Team an. Jeweils drei Fahrer spezialisieren sich auf Bus, Solo-Lkw, Sattel- und Gliederzug. Bei den Dreieinhalb-Tonnern konkurrieren gleich vier Deutsche: Der Titelverteidiger hat ein persönliches Startrecht. Ein Fahrer beteiligt sich zudem an einem speziellen Ökowettbewerb.

Thomas Graf hofft, sein gutes Ergebnis bei der letzten Weltmeisterschaft (siehe Kasten) noch einmal zu verbessern. "Nach meinem ersten Turnier 1990 in Duisburg habe ich gesagt: nie wieder", erinnert er sich. "Aber mit einem bisschen Übung macht es schon Spaß." Soviel Spaß, dass er vier Jahre später zum ersten Mal bei einer deutschen Meisterschaft antrat, und 15 Jahre lang in der SWS-Motorsportgruppe aktiv war - die letzten Jahre als Vorsitzender. "Die Turniere in Solingen sind auf meine Initiative entstanden. Wir hatten einen sehr guten Ruf", erwähnt Graf, der 1988 zum Verkehrsbetrieb der Stadtwerke kam und vorher als Reisebusfahrer tätig war. Aber 2010 musste die Gruppe wegen Nachwuchsmangels aufgelöst werden. Als letzte Reminiszenz beteiligen sich die Stadtwerke an den Teilnahmekosten für die WM. In Finnland trifft Graf zudem auf Winfried Dehmel aus Mönchengladbach, der ebenfalls viele Jahre Mitglied der SWS-Motorsportgruppe war. Auch für Dehmel wird es die Abschlussfahrt; er hört aus privaten Gründen auf.

"Unser Team hofft, an frühere Erfolge anknüpfen zu können", blickt Thomas Graf voraus. "Als aktueller Weltmeister in der Nationenwertung gehören wir auch diesmal wieder zum Kreis der Favoriten. Allerdings dürften besonders die Gastgeber schwer zu schlagen sein." Wer schließlich auf dem Treppchen steht, das soll sich in Windeseile verbreiten: Die Finnen wollen nicht nur die Eröffnungsfeier, sondern auch die Siegerehrung live im Internet übertragen (www.rahtarit.fi ).

Informationen hält Graf auch auf der Seite www.bussportsolingen.de bereit, die er zumindest noch bis nächstes Jahr betreiben will. Ob er sich weiter an der Organisation der Turniere beteiligt, will er noch entscheiden.

(flm)
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