Solingen Wenn die prekäre Finanzlage Familien krank macht

Solingen · Tag der offenen Schuldnerberatung beim Diakonischen Werk im Haus der Evangelischen Kirche an der Kasernenstraße.

Die Schuldner- und Insolvenzberatung des Diakonischen Werks beteiligt sich auch in diesem Jahr an der bundesweiten Aktionswoche. Dazu bieten die Mitarbeiter am Donnerstag, 9. Juni, einen "Tag der offenen Schuldnerberatung" an.

"Schulden machen krank - Krankheit macht Schulden" lautet diesmal die Überschrift der Aktionswoche. Krankheit ist auch bei den Gesprächen des Diakonischen Werks ein wichtiges Thema. "Sätze wie ,Erst hab ich meinen Job verloren und jetzt machen mich die Schulden krank' hören wir häufig in Erstgesprächen mit Menschen, die bei uns Rat suchen", sagt die langjährige Schuldnerberaterin Ursula Ring. Betroffene berichteten immer wieder von stressbedingten physischen und psychischen Erkrankungen als Folge ihrer verzweifelten wirtschaftlichen Lage.

Die Beeinträchtigungen reichen von Rückenbeschwerden über Schlaf- oder Essstörungen und chronischen Schmerzen bis hin zu Depressionen, weiß Ring und kennt viele Beispiele: Menschen, die durch ihre finanzielle Notlage unter sehr starkem Druck stehen, weil ihre Ängste vor Wohnungsverlust, Stromsperre, Drohungen der Gläubiger, Kontopfändungen und sozialer Ausgrenzung existenziell sind. Oder Kranke, die ihre ärztlich verschriebenen Medikamente nicht abholen, weil die Rezeptgebühren nicht gezahlt werden können. Oder Familien, die ihre gesundheitsfördernden Aktivitäten zum Beispiel in Sportvereinen einstellen, weil die Haushaltskasse die Vereinsbeiträge nicht mehr hergibt.

Aber auch der umgekehrte Fall komme häufig vor, berichtet die Schuldnerberaterin. Dann würden eine Erkrankung, eine Sucht oder ein Unfall zum Auslöser für die Überschuldung, weil Einkommenseinbußen durch den Bezug von Krankengeld oder gar ein Arbeitsplatzverlust aufgrund der Erkrankung es den Betroffenen zunehmend schwer machten, ihren Verbindlichkeiten nachzukommen.

Die Erfahrungen der Schuldnerberaterinnen des Diakonischen Werks im Evangelischen Kirchenkreis decken sich mit Auswertungen diverser Erhebungen der letzten Jahren, die eine ernst zu nehmende Wechselwirkung zwischen einer prekären Finanzsituation und einem desolaten Gesundheitszustand der betroffenen Menschen nahelegen, wie Pressepfarrer Thomas Förster mitteilt.

Darum rückt der Faktor Gesundheit immer stärker in den Fokus. "Das Thema ,Überschuldung' ist eben nicht nur ein rein ökonomisches Problem, sondern umfasst alle zentralen Lebensbereiche der von Zahlungsunfähigkeit betroffenen Menschen", betont Schuldnerberaterin Ursula Ring. "Wir verstehen unsere Aufgabe daher als soziale Schuldnerberatung und versuchen gemeinsam mit den Menschen Lösungswege sowohl aus der finanziellen wie auch aus der psychosozialen Krise zu entwickeln."

Info Donnerstag, 9. Juni, Haus der Evangelischen Kirche, Kasernenstraße 23: Von 8 bis 13 Uhr sowie von 14 bis 16 Uhr können Interessierte ohne Termin ihre drängendsten Fragen stellen.

(tws)
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