Reportage Wenn die Spieler kommen, ist alles fertig

Solingen · Catering vorbereiten, Trikots aufhängen, Trinkflaschen befüllen - bei den Heimspielen des OFC Solingen ist ein großer Stab an Betreuern und Helfern im Einsatz Ein Blick hinter die Kulissen einer Mannschaft aus der Fußball-Kreisliga A.

 Jannik Deutzmann, Sohn des Vorsitzenden Peter Deutzmann, unterstützt bei den Vorbereitungen für das Kreisliga-Spiel gegen den FC Britannia helfen. Ein Handgriff ist das Eckfahne aufstellen - mehr Arbeit bedeutet das Entfernen des Laubs auf dem Kunstrasenplatz am hermann-Löns-Weg.

Jannik Deutzmann, Sohn des Vorsitzenden Peter Deutzmann, unterstützt bei den Vorbereitungen für das Kreisliga-Spiel gegen den FC Britannia helfen. Ein Handgriff ist das Eckfahne aufstellen - mehr Arbeit bedeutet das Entfernen des Laubs auf dem Kunstrasenplatz am hermann-Löns-Weg.

Foto: Köhlen Stephan

Wer bei einem Spaziergang am Stadion am Hermann-Löns-Weg vorbeikommt, erhält einen guten Eindruck davon, wie die Welt wohl nach dem Verschwinden der Menschen aussehen könnte: Der Rasen der früheren Zweitliga-Arena erinnert inzwischen an eine Moorlandschaft. Und auch die steinernen Ränge hat die Natur bekanntlich längst zurückerobert. Das heißt aber nicht, dass das geschichtsträchtige Bauwerk nicht mehr gebraucht würde: Denn vor den Heimspielen des Ohligser Fußball Clubs (OFC) Solingen herrscht unterhalb der Tribüne rege Betriebsamkeit.

Michael Salewski muss als Chefbetreuer alles können: Mannschaftskabine vorbereiten und massieren, wenn es zwickt.

Michael Salewski muss als Chefbetreuer alles können: Mannschaftskabine vorbereiten und massieren, wenn es zwickt.

Foto: Köhlen Stephan

"Hier ist unser Lager", erklärt Peter Deutzmann, Vorsitzender des Union-Nachfolgevereins, und schließt die Tür zu einem kleinen, gemütlichen Raum auf. Fahnen und Wimpel hängen an der Wand. Gegenüber der Sitzecke gibt es eine Theke. In rund zwei Stunden empfängt die erste Mannschaft des OFC in der Fußball-Kreisliga A den FC Britannia. Deutzmann belädt mit einigen Mitstreitern einen Transporter, der direkt an die alte Tribüne herangefahren ist, mit Getränkekästen, abgepackten Würstchen, Bannern und Fanartikeln. Von dort aus geht die Fahrt zum Nebenplatz des Stadions, auf dem der Verein seine Heimspiele austrägt - noch, denn schließlich soll das Gelände im kommenden Jahr der geplanten Neubausiedlung weichen. Der Abriss des Stadions soll dabei Hand in Hand gehen mit dem Bau des Ersatzplatzes im Josefstal.

"Es helfen hier immer zwischen acht und zehn Mann mit", sagt Deutzmann - darunter auch sein Sohn Jannik. Der steckt kurze Zeit später die Eckfahnen in den Kunstrasenplatz, während Betreuer Willi Hök die Banner mit dem Slogan "Meine neue Liebe ist wie ein neues Leben" am Zaun anbringt. "Man glaubt gar nicht, was die ganze Vorbereitung für einen Aufwand mit sich bringt", sagt Peter Deutzmann.

 Jugend-Geschäftsführer Ingo Schönberger sperrt das Stadion zur Sicherheit ab. Wahre OFC-Fans werden hier aber mit Handschlag begrüßt.

Jugend-Geschäftsführer Ingo Schönberger sperrt das Stadion zur Sicherheit ab. Wahre OFC-Fans werden hier aber mit Handschlag begrüßt.

Foto: Köhlen Stephan

Vor dem Kabinentrakt stehen inzwischen auch die Spieler des Gastes. In der spartanisch eingerichteten Umkleide der Heimmannschaft, in der sich in den goldenen Zeiten der SG Union Solingen Idole wie Werner Lenz, Wolfgang Schäfer, Demir Hotic oder Daniel Jurgeleit umzogen, trifft eineinhalb Stunden vor Spielbeginn Chefbetreuer Michael Salewski ein. Dabei hat er Trinkflaschen, Bälle, einen Arztkoffer und die frisch gewaschenen Trikots der Spieler. Die hängt er an den Haken mit der jeweiligen Nummer. "Wir haben hier Abläufe eingeführt, die es anderswo auf der Ebene nicht gibt", erzählt der dreifache Vater, der zu den Spielen aus Leverkusen anreist. "Wenn die Spieler kommen, ist alles fertig."

An seine Tätigkeit als Betreuer sei er über seinen Halbbruder gelangt, verrät der ehemalige Lastwagenfahrer, der unter anderem auch eine Massageschulung absolviert hat. Wenn es bei den Spielern irgendwo zwicke, wenden sie sich an ihn. "Für mich ist die Tätigkeit ein Ausgleich", sagt Salewski. "Und bei diesen Jungs kann man gar nicht aufhören, die sind so in Ordnung." Sein Kollege Stefan Schneider, der unter der Woche als Lagerist arbeitet, befüllt die Trinkflaschen und hängt den Taktikplan auf, an dem das Trainergespann Andreas Vollmer und Uwe Frantz die Marschroute vorgeben wird. "Ich habe früher selber für die zweite Mannschaft gespielt", erzählt Schneider.

Szenenwechsel: Draußen entfernt Jannik Deutzmann Laub vom Spielfeld. Jugendgeschäftsführer Ingo Schönberger heizt den Grill an, und Vorstandsmitglied Frank Litke befasst sich mit der Technik. Eine halbe Stunde vor Anpfiff betreten die ersten Zuschauer die Anlage und werden mit Handschlag begrüßt. Unter ihnen ist an diesem Nachmittag auch ein früherer Unioner: Karl-Heinz "Attchen" Döller, der zwischen 1969 und 1972 für den Ohligser Klub auflief und danach in Mülheim unter anderem mit dem späteren Beckenbauer-Assistenten Holger Osieck zusammenspielte. "Ich komme so zu jedem zweiten Spiel vorbei", erklärt er. Dann wird es ernst: "Auf geht's, Männer !", ruft Willi Hök den Spielern beim Aufwärmen zu. Um 15.15 Uhr pfeift Schiedsrichter Heiko Breuer die Partie an: Rund 60 Besucher haben sich auch vom nasskalten Wetter an diesem dunklen Novembertag nicht abhalten lassen - und die OFC-Fans unter ihnen werden für ihr Stehvermögen belohnt: Der Aufsteiger gewinnt am Ende spektakulär mit 6:3.

Für Michael Salewski ist die Arbeit auch lange nach dem Spiel noch nicht vorbei: "Ich bin hier, bis alle anderen raus sind und mache die Tür zu", erklärt er. Und wenn er am Abend nach Hause kommt, geht es für ihn in die Waschküche: "Die Trikots sind dann so gegen zwei Uhr morgens alle fertig", erzählt Salewski und fügt schmunzelnd hinzu: "Dann ist erst einmal Ruhe."

(ied)
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