Solingen Wenn ein Hosenbein in der Toilette steckt

Solingen · Es gibt kaum etwas, das Dennis Düster noch nicht in Toiletten gefunden hat. Der Kanaltechniker kommt mit seinem Kollegen rund um die Uhr, wenn es Abflüsse zu reinigen gibt und verstopfte Leitungen Wohnungen unter Wasser setzen.

Unter Wasser konnte das Baby nicht zur Welt kommen. Obwohl sich Dennis Düster alle Mühe gab, den verstopften Abfluss der Geburtswanne wieder frei zu machen, musste der neue Erdenbürger auf normalem Wege das Licht der Welt erblicken. Die Zeit war einfach zu kurz.

Egal, um welchen Abfluss es sich handelt, der Juniorchef der Firma Ardo Kanaltechnik und seine zwölf Kollegen kommen und helfen - und das rund um die Uhr. Krankenhäuser sind dabei ebenso ihre Kunden wie Hotels, Privatleute und Firmen.

Um 10 Uhr benötigt Christa Becker die Hilfe des Kanalreinigers. Die Toilette im hinteren Bereich ihres Kiosks am Werwolf läuft nicht richtig ab. Obwohl der Raum nur winzig ist, bringt Dennis Düster schnell und geschickt sein Arbeitsgerät in Stellung, entfernt den Toilettentrichter und führt die Motorspirale in den jetzt freiliegenden Abfluss ein. 20 Meter lang ist die Spirale, bis zu 70 Meter könnte sie sein, müsste in einem mehrstöckigen Haus vom Dach aus das Rohrsystem gereinigt werden.

Der Schaden in der kleinen Toilette der Kioskbetreiberin hingegen erfordert kein Spezialgerät und ist schnell behoben. 120 bis 150 Euro werden für so einen Routinefall berechnet, und selbstverständlich ist, dass der Raum hinterher sauber geputzt wieder verlassen wird. Das ist Ehrensache für Dennis Düster und seinen Kollegen Herbert Stohr, der ihn an diesem Morgen zur Einsatzstelle begleitet hat.

Nicht immer ist die Arbeit für die beiden Experten so schnell erledigt. Erst am Abend vorher wurde Dennis Düster von einem Ehepaar gerufen, das bei der Rückkehr aus dem Urlaub eine böse Überraschung erlebte. Die gesamte Wohnung im Erdgeschoss stand wegen eines verstopften Abflusses unter Wasser, das Ehepaar war entsprechend verzweifelt, und das Warten auf die Kanalexperten erschien wie eine Ewigkeit. "Wir sind spätestens nach 60 Minuten vor Ort", sagt Dennis Düster, dessen Firma auch Kunden in Düsseldorf, Neuss, Remscheid, dem Kreis Mettmann und Köln hat.

Gerne würde er noch zwei Kollegen einstellen, jemanden mit Berufserfahrung oder einer Ausbildung als Gas- und Wasserinstallateur, denn der Beruf erfordert viel Kenntnis. Doch die Suche nach Arbeitskräften ist schwer, einmal wegen der Art der Arbeit, zum anderen wegen der Schichten nachts und an Wochenenden. "Das will heute kaum noch einer machen", sagt der Juniorchef.

Dabei wird die Tätigkeit nie langweilig. Denn beinahe unglaublich ist, was die Rohrreiniger als Ursachen für die verstopften Abflüsse ausmachen. "In einem Hotel habe ich einmal ein abgeschnittenes Hosenbein in der Toilette gefunden", sagt Dennis Düster. "Die Toilette ist wie ein Mülleimer", weiß der 36-Jährige aus seiner über 20-jährigen Berufserfahrung. Küchenabfälle und Knochen, Frittierfett und Damenbinden, all das verstopft den Abfluss.

Vor allem in Mietshäusern scheint es vielen Bewohnern egal zu sein, schließlich muss der Vermieter später die Rechnung zahlen. Zu ermitteln, wer der Verursacher war, ist im Nachhinein kaum möglich, irgendwann sammelt sich alles unten. Ein Grund, warum Dennis Düster nicht in einer Erdgeschosswohnung leben möchte.

Vor allem das Entsorgen von Essensresten ist auch deshalb problematisch, weil so Ratten angezogen werden. Die folgen der Lebensmittelspur und können über mehrere Stockwerke in den innen rauen Abflussrohren hochklettern, weiß der Kanalexperte.

Besonders viel zu tun haben die Kanalreiniger nach Weihnachten und Silvester, wo offenbar besonders viel in der Toilettenschüssel landet, was da nicht hingehört. Flüssiges Frittierfett zum Beispiel, das später im kalten Wasser einen undurchlässigen Klumpen bildet. Ist eine Toilette schon so verstopft, dass sich die Fäkalien in der Schüssel gesammelt haben, wird sie erst einmal ausgesaugt, bevor Dennis Düster sie abschrauben kann, um das Abflussrohr zu kontrollieren. Den Geruch nimmt er kaum noch wahr, ein paar Einweghandschuhe unter den dicken Gummihandschuhen schützen seine Hände, ansonsten reicht ihm der blaue Arbeitsanzug.

In der Toilette von Christa Becker ist es so weit noch nicht gekommen. Die Schüssel kann ohne Problem von der Wand genommen und das Rohr ausgefräst werden. Schnell noch einen neuen Dichtungsring aufgesetzt und schon kann wieder kräftig durchgespült werden. Christa Becker ist erleichtert - Dennis Düster und Herbert Stohr hinterlassen einmal mehr zufriedene Kundschaft.

(RP)
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