Solingen Westersburg: Stinke-Pavillon kommt weg

Solingen · Den Anbau der Grundschule will die Stadt möglichst in den nächsten fünf Jahren durch einen Neubau ersetzen. Die Schule lässt vorerst keine Kinder in den Pavillon.

Überraschende Wende in der Debatte um Schadstoffe im Anbau der Grundschule Westersburg: Der Stinke-Pavillon mit Ganztagsräumen, der Schulbibliothek und dem Lehrerzimmer wird abgerissen - auch wenn von dem Gebäudetrakt offenbar keine unmittelbaren Gesundheitsgefahren ausgehen.

"Wir bemühen uns, innerhalb der nächsten fünf Jahre Ersatz zu schaffen", kündigte Udo Depping, Leiter des Stadtdienstes Schulen, im Gespräch mit unserer Redaktion am Rande der Bezirksvertretung Wald an. Dass die Stadt den Pavillon aus den 70er- Jahren durch einen Neubau ersetzen will, signalisierte während der Debatte des Stadtteilparlamentes ebenso Ruth Schlephack-Müller vom Immobilien-Management: "Wir werden den 45 Jahre alten Pavillon auf die Investitionsliste setzen."

Für Bezirksvertreter Michael Klaas ist dies der einzig mögliche Weg: "Bauliche Veränderungen müssen getroffen werden". Der CDU-Mann appellierte, sich nicht nur auf die Ergebnisse der Untersuchungen zu verlassen, sondern auch das persönliche Empfinden der Schüler, Eltern, Lehrer sowie des Personals im Ganztag in den Blick zu nehmen. "Erst dann ist Ruhe." Davon, so Klaas, könne derzeit keine Rede sein.

Wenngleich die 118 Urin- und 37 Blut-Untersuchungen bei Kindern und Lehrern, die das Institut für Arbeits- und Sozialmedizin an der RWTH Aachen vorgenommen hat, keine Auffälligkeiten zeigen. Alle Werte liegen deutlich unterhalb der Referenzwerte für die Hintergrundbelastung der Allgemeinbevölkerung, wie der Leiter des Stadtdienstes Gesundheit, Joachim Eichenberg, bestätigte. Die Untersuchungsergebnisse im Detail erwartet die Stadt in der kommenden Woche. Darüber werden dann auch die jeweiligen Eltern informiert.

In den nächsten Tagen erwartet das Rathaus zudem die Resultate der neuerlichen Messungen auf Schimmel und auf den in den Siebzigern im Pavillon als Holzschutzmittel verwendeten Stoff Pentachlorphenol (PCP). Formaldehydmessungen wegen der verbauten Press-Spanplatten im Boden hatten zuvor bereits sehr niedrige Werte ergeben. Bezirksbürgermeisterin Birgit Zeier (SPD) bescheinigte der Stadt, der Sache "jetzt auf den Grund zu gehen". In den Osterferien sind bereits erste Sanierungsarbeiten angelaufen, nachdem in der Schulbibliothek leicht erhöhte PCP-Schadstoffwerte gemessen worden waren. Jetzt soll noch eine Abdichtungsfolie auf den durchfeuchteten Press-Spanbodenplatten ausgebracht werden.

"Es stinkt - der Geruch ist da, dies lässt sich nicht wegdiskutieren", erklärte Schlephack-Müller vom Immobilien-Management. Durch einen hohen Krankenstand an der Schule war der Sanierungsfall ins Rollen gekommen. "Menschen empfinden etwas und erleben Krankheit. Diese Sorge lässt sich nicht vom Tisch wischen", berichtete Westersburg-Rektorin Birgit Weise. Deshalb sperrt die Grundschule den Pavillon für die Kinder vorsichtshalber weiterhin solange, bis alle Untersuchungsergebnisse tatsächlich vorliegen - und erntete in der Walder Bezirksvertretung Lob für diese Courage.

"Die Kinder sind fitter und fröhlicher. Ihnen und den Mitarbeitern geht es besser, seitdem sie nicht mehr im Pavillon sind", schilderte Marita Reddmann vom Paritätischen, Träger des Offenen Ganztags der Westersburg.

Fürs Lehrerzimmer in dem Anbau gibt es allerdings keinen Ersatzraum in den Unterrichtsgebäuden an der Bausmühlenstraße - und in diesem hat das Kollegium erst jetzt wieder den beißenden Geruch erlebt: "So, als ob man einen nassen Putzlappen über längere Zeit liegenließ."

Für Frank Knoche von den Grünen hat all dies Symbolkraft für den Zustand der maroden Schulgebäude: "Jeden Tag erleben wir eine Horrormeldung, wie hoch der Sanierungsstau ist".

(RP)
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