Martin Klebe Wichtiger Baustein der Berufsorientierung

Solingen · Die Arbeitsagentur Solingen-Wuppertal bietet zum Girls'/Boys'-Day am Donnerstag noch freie Plätze für zehn Schülerinnen an.

 Martin Klebe, Chef der Arbeitsagentur Solingen-Wuppertal, sieht im Girls'/Boys'-Day am Donnerstag einen wichtigen Baustein in einem sich permanent weiterentwickelnden System beruflicher Orientierung.

Martin Klebe, Chef der Arbeitsagentur Solingen-Wuppertal, sieht im Girls'/Boys'-Day am Donnerstag einen wichtigen Baustein in einem sich permanent weiterentwickelnden System beruflicher Orientierung.

Foto: moll (Archiv)

Mädchen sollen sich in gewerblich-technischen Berufen ausprobieren, Jungen in Berufsbereichen, die vermeintlich Mädchen vorbehalten sind. Warum braucht es den Girls'/Boys'-Day am 23. April?

Klebe Der Girls'/Boys'-Day hat das Ziel, Aufmerksamkeit zu erzeugen. Einmal für die Notwendigkeit, sich unabhängig vom Geschlecht überhaupt mit seiner Berufswahl zu beschäftigen, und dann natürlich aus dem Grund, geschlechterspezifische Barrieren sukzessive zu verringern. Eine weitere Besonderheit dieses Aktionstages ist, dass junge Menschen altersmäßig bereits im Vorfeld der eigentlichen Berufsorientierung angesprochen werden und möglichst anschauliche Eindrücke aus der realen Arbeitswelt erhalten - und sich im Idealfall auch ausprobieren können. Umgekehrt besteht für die Unternehmen die Chance, mit jungen Leuten ins Gespräch zu kommen und ihre Interessenlagen zu erfahren.

Haben die bisherigen Aktionen zum Girls'/Boys'-Day schon für Veränderungen im Berufsauswahlverhalten der Jugendlichen gezeigt?

Klebe Es ist kaum möglich, aus einem jährlich wiederkehrenden Aktionstag auf messbare Fortschritte zu schließen. Angesichts der immer noch hohen Konzentration der Berufswahl auf wenige, zudem geschlechtertypische Berufe wird man die Frage eher verneinen. Andererseits habe ich mich längst davon verabschiedet, dass sich die Probleme des Ausbildungsmarktes durch eine einzige geniale Idee lösen lassen. Es wird die Summe der vielen kleinen oder größeren Ideen und Aktionen sein, die uns voranbringen. Der Girls'/Boys'-Day ist so gesehen ein wichtiger Baustein in einem sich permanent weiterentwickelnden System beruflicher Orientierung.

Das Systemhaus Erdmann öffnet sich am Donnerstag, um Mädchen IT-Berufe näher zu bringen. Das Heilpädagogische Zentrum Solingen will Jungen für den Beruf des Heilerziehungspflegers begeistern. Welche Firmen im Bereich der Arbeitsagentur Solingen-Wuppertal machen noch mit beim Aktionstag?

Klebe Neben den genannten Firmen beteiligen sich eine Vielzahl von Unternehmen und Institutionen, kommunale Einrichtungen und Schulen, die sich namentlich gar nicht alle aufzählen lassen. Ich freue mich über jedes Unternehmen, das sich an der Aktion beteiligt. Aus meiner Sicht kommt es neben der hinreichenden Anzahl von Angeboten vor allem auf eine hohe inhaltliche Vielfalt an. In dieser Hinsicht gibt es durchaus noch Luft nach oben.

Sind Sie mit der Resonanz zufrieden?

Klebe Viele Unternehmen und Einrichtungen sind bereits ausgebucht, aber es gibt noch freie Plätze, auch bei der Agentur für Arbeit Solingen. Dort können zehn Schülerinnen der Klassen 7 - 9 mit Unterstützung des zdi-Zentrum Bergischen Schultechnikums BeST in einem Workshop ihre technische Kompetenz testen und lernen, einfache Abläufe selber zu programmieren.

Grundsätzlich ist es aber doch auch heute noch so, dass Jugendliche aus der Vielzahl der Ausbildungsmöglichkeiten nur einige wenige für sich auswählen. Woran liegt das?

Klebe Viele Schülerinnen und Schüler orientieren sich an Vorbildern im häuslichen Umfeld oder innerhalb ihres privaten Freundes- und Bekanntenkreises. Viele Ausbildungsberufe, die die Eltern einmal erlernt haben, gibt es in dieser Form nicht mehr, so dass der Blickwinkel von vornherein etwas verengt ist. Innerhalb der Gleichaltrigen ist zu beobachten, dass sich junge Menschen - je nach Reifegrad in unterschiedlicher Intensität - an gemeinschaftlichen Meinungsfindungen orientieren und weniger einen eigenen Weg auf Basis ihrer entwickelten Wünsche und erkannten Stärken suchen.

Wie sieht die Hitliste der bevorzugten Berufe für Mädchen und Jungen insbesondere im Bergischen aus?

Klebe Die Mädchen bevorzugen in der Reihenfolge die Ausbildung zur Medizinischen Fachangestellten, gefolgt von vier kaufmännischen Ausbildungsberufen, der Zahnmedizinischen Fachangestellten, der Friseurin, der Verwaltungsfachangestellten, der Bankkauffrau sowie der Tiermedizinischen Fachangestellten. Bei den Jungen liegt aktuell der Industriekaufmann vorn, es folgen der Kfz-Mechatroniker, der Maschinen- und Anlagenführer, der Industriemechaniker, drei weitere kaufmännische Ausbildungsberufe, sodann der Zerspanungsmechaniker, der Elektroniker (Energie/Gebäudetechnik) und der Tiermedizinische Fachangestellte. Nach dem derzeitigen Stand zur Hälfte des Ausbildungsjahres konzentrieren sich im Bergischen Städtedreieck 42,1 Prozent aller Mädchen auf die genannten zehn Berufe; bei den Jungen sind es sogar 57,3 Prozent aller Bewerber, die sich für einen der zehn Berufe interessieren.

Welche Möglichkeiten sehen Sie als Chef der Arbeitsagentur Solingen-Wuppertal, über den Aktionstag hinaus, dass Jugendliche deutlich mehr Ausbildungsberufe als bisher in die Berufsauswahlentscheidung mit einbeziehen?

Klebe Wir versuchen mit unseren zentralen Informationsangeboten, seien sie in unseren Berufsinformationszentren oder im Internet unter www.arbeitsagentur.de verfügbar, Licht in jede noch so kleine Ecke eines jeden der rund 350 Ausbildungsberufe zu bringen. Neben BerufeNET gibt es Berufe TV, welches zu vielen Tätigkeiten Anschauungsmaterial in bewegten Bildern liefert. Noch ein wenig anschaulicher wird es, wenn sich junge Leute selbst ein Bild von der Ausbildungs- und Arbeitswelt machen. Ich würde mir sehr wünschen, dass möglichst viele Schülerinnen und Schüler, aber auch möglichst viele Betriebe die geplanten Berufserkundungswochen nutzen, um Einblicke in die reale Arbeitswelt zu erhalten beziehungsweise zu vermitteln.

UWE VETTER STELLTE DIE FRAGEN.

(RP)
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