Solingen Wirklich ein supernettes Orchester

Solingen · Viele Profi-Erfahrungen konnten die Stipendiaten der Orchesterakademie der Bergischen Symphoniker sammeln.

Harmonielehre, Kontrapunkt, Musikgeschichte, Instrumentalunterricht und vor allem üben, üben, üben. Wenn mal sich entschließt, an einer Musikhochschule ein Instrument zu studieren, bedeutet das eine ganze Menge Arbeit. Aber etwas kann das Studium nicht vermitteln: Berufserfahrung - und auf die kommt es an.

"Wir schließen hier eine Lücke zwischen der Ausbildung und der Profiarbeit", sagt Generalmusikdirektor Peter Kuhn mit Blick auf die Orchesterakademie der Bergischen Symphoniker. Hier können jährlich junge Musikstudenten Erfahrungen unter Echt-Zeit-Bedingungen sammeln. "Dazu gehört auch das soziale Training, ob man sich im Orchester wohlfühlt und die Kollegen mit einem auskommen." Das scheint gut zu klappen, denn seit Bestehen der Akademie 1999 sind fünf ehemalige Stipendiaten vom Orchester angestellt worden, zahlreiche werden als Aushilfen herangezogen.

"Anfangs war ich skeptisch, ob ich Orchestermusiker werden soll", berichtet Yuki Suzuki. "Aber die Vielfalt der Tätigkeit, die ich hier kennengelernt habe, hat mich überzeugt, das zu machen." Der junge Japaner spielt Cello und ist einer der sechs Stipendiaten, die in der zu Ende gehenden Saison bei den Bergischen Symphonikern waren. Der Erfolg spiegelt sich auch in der Nachfrage. "Pro Instrument bekommen wir jährlich 50 bis 60 Bewerbungen aus der ganzen Bundesrepublik", sagt Tilla Clüsserath, Geschäftsführerin der Orchesterakademie. Das macht zusammen rund 350 Interessierte, die zum Vorspiel kommen. "Wir haben eine Art Rotationssystem, damit möglichst alle Instrumente an die Reihe kommen können."

Neben Suzuki hatten der Koreaner Jung Yoon Bae (Violine), die Französin Alice Clause (Violine), der Chinese Yifan Xu (Horn) sowie der Hückeswagener Thomas Müller (Trompete) die Möglichkeit, in der Saison 2014/2015 von Mentoren aus dem Orchester betreut zu werden, und neben ihrem Studium rund 15 Dienste bei den Bergischen Symphonikern zu übernehmen. Das umspannt die ganze Bandbreite zwischen Philharmonischen Konzerten, Opern und kammermusikalischer Arbeit.

"Ich habe sehr viel gelernt." Die Violinistin Alice Clause konnte die Hälfte des Jahres bei den ersten Violinen und die zweite bei den zweiten Violinen mitspielen. "Denn das sind ganz verschiedene Aufgaben." Und: "Die Stimmung im Orchester ist supernett." Bundesweit einmalig ist das Stipendium für eine junge Dirigentin. Tilla Clüsserath: "Das hat noch nicht einmal die Orchesterakademie der Berliner Philharmoniker." Diesmal war es die Koreanerin Yura Yang. "Während meiner viereinhalb Studienjahre hatte ich gerade zweimal die Gelegenheit ein Konzert zu dirigieren." Während der Zeit bei den Bergischen war das ganz anders. Yura Yang dirigierte sogar eine Aufführung der Eigeninszenierung der Oper "Carmen". Sie erinnert sich: "Es war ein großes Erlebnis, mit dem Orchester auch proben zu dürfen. Als Anfänger hat man diese Chance fast gar nicht."

Wurde anfangs die Orchesterakademie vom Land gefördert, so gibt es von dieser Seite jetzt nur noch Gelder für das Dirigentinnen-Stipendium. "Alles andere wird von Sponsoren aus der Region finanziert", sagt Tilla Clüsserath. Dafür bedanken sich die Symphoniker mit Kammerkonzerten bei den Gönnern. Dazu kommen die Beiträge der rund 100 Mitglieder der als Verein aufgestellten Orchesterakademie.

Aber nicht nur die angehenden Berufsmusiker profitieren von dieser Arbeit. "Es ist auch eine große Bereicherung für das Orchester", erklärt Almuth Wiesemann. Sie spielt nicht nur bei den Symphonikern, sondern ist auch Vorsitzende der Akademie. "Es ist unglaublich erfrischend für die Orchestermusiker, mit jungen Leuten zu arbeiten, die sich richtig einbringen können."

(RP)
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