Solingen Zehn Stolpersteine für NS-Opfer

Solingen · Der "Unterstützerkreis Stolpersteine für Solingen" verlegte am Samstag neue Stolpersteine des Künstlers Gunter Demnik. Einer dieser Steine liegt am Zieleskotten für Franz Wenders. Der Solinger hatte offen seine Meinung geäußert und war 1945 in Haft gestorben.

 Hans-Günter Koch vom "Unterstützerkreis Stolpersteine für Solingen" setzte den Stolperstein für Franz Wenders am Zieleskotten. Dort hatte Wenders bis zu seiner Verhaftung im "Dritten Reich" mit seiner Familie gelebt.

Hans-Günter Koch vom "Unterstützerkreis Stolpersteine für Solingen" setzte den Stolperstein für Franz Wenders am Zieleskotten. Dort hatte Wenders bis zu seiner Verhaftung im "Dritten Reich" mit seiner Familie gelebt.

Foto: mak

Franz Wenders war schon von Jugend an ein rebellischer Mensch gewesen. 1903 in Aachen geboren, verließ er mit 13 Jahren auf eigenen Wunsch die Volksschule — ohne Abschluss. Er arbeitete als Laufbursche, in der Landwirtschaft und gehörte dem Kommunistischen Jugendverband KJVD an.

Dann ging er in die Niederlande, wo er zwölf Jahre als Bergmann arbeitete, bevor er 1936 nach Deutschland abgeschoben wurde. "Mein Opa hat in den Niederlanden einen Turnverein geleitet und dort schon im Untergrund gekämpft", erzählt Franz Wenders. Seinem Großvater, dem NS-Opfer Franz Wenders, wurde am Samstag auf der Kotzerter Straße am Zieleskotten ein Stolperstein verlegt wurde.

Insgesamt bekamen in der ganzen Stadt zehn Opfer des Nationalsozialismus neue Stolpersteine, mit denen der "Unterstützerkreis Stolpersteine für Solingen" der Ermordeten gedenken will. In den Familien waren die Männer und Frauen aber nie vergessen.

Franz Wenders trägt zum Beispiel den gleichen Namen wie sein Großvater. "Mein Vater hat mich nach seinem Vater benannt", sagte der Enkel. Der Vater habe ihm auch einiges über den Großvater erzählt. "Er hat mit seiner Meinung nie hinter dem Berg gehalten."

Das tat er auch nicht, nachdem er mit seiner Frau Mathilde nach Solingen gezogen war. Die Familie Wenders zog mit vier Kindern an den Zieleskotten, Franz Wenders bekam Arbeit bei der Firma Großmann und wurde Turnwart beim VdfL Solingen 97.

"Wir hatten hier eine Idylle", erinnerte sich Horst Krämer, der gemeinsam mit seiner Frau Inge die Patenschaft für den Stolperstein vor dem Zieleskotten übernommen hat. "Ich bin im Zieleskotten geboren. Die Familien Wenders und Krämer waren befreundet", sagte Horst Krämer bei der Stolperstein-Verlegung.

Nachdem Franz Wenders bereits wegen seiner Äußerungen verwarnt worden war, wurde er schließlich denunziert. Die Gestapo ermittelte gegen ihn und ein Sondergericht verurteilte Wenders später zu drei Jahren Haft.

"So wurde die Idylle auseinandergerissen", sagte Krämer am Samstag. Die Familie Wenders bekam Sippenhaft, die Mutter musste die vier Kinder allein und ohne Lebensmittelkarten durchbringen. Eine der Aussagen, für die Franz Wenders in Haft ging, hatte gelautet: "Es wird die Zeit kommen, wo auf jeden Nazi mit dem Finger gezeigt wird."

Diese Zeit sollte Franz Wenders allerdings nicht mehr erleben. Nach seiner Verlegung am 16. Februar 1945 in die Haftanstalt Freiendiez brach der Kontakt zu der in Solingen lebenden Familie ab, die in der Ungewissheit lebte, bis 1950 der Tod Franz Wenders' bestätigt wurde.

Er war bereits am 27. März 1945 gestorben. Auf der Todesurkunde steht als Todesursache: "Brand beider Füße durch Erfrieren, Blutvergiftung durch Begleitbakterien, Herz- und Kreislaufschwäche." Bei der Verlegung des Stolpersteins erklärte Horst Krämer vor mehr als 30 Zuschauern: "Dieser Stolperstein ist einem mutigen Menschen gewidmet."

(RP)
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