Solingen Zivilcourage gehört zum Schulprogramm

Solingen · Ministerin Sylvia Löhrmann diskutierte am Dienstag mit Schülern des Mildred-Scheel-Berufskollegs. Die Szene der Video-Sequenz ist bedrückend: Ein junger Mann mit auffälligen Tätowierungen pöbelt in der S-Bahn, beschimpft einen Jugendlichen mit ausländischer Herkunft. Doch in dem gleichen Moment, in dem diese Videobilder auf der Leinwand erscheinen, stehen acht Schüler des Mildred-Scheel-Berufskollegs beherzt auf: "Mit uns nicht!", greifen Celina Pascher, Sarah Klaus, Esma Acer, Patrick Gerstenmeier, Acelya Bilgili, Casin Demirkol, Marcel Lucic und Dilan Aktag ein.

Sie stehen stellvertretend für ihre Mitschüler aus der Anti-Rassismus-AG und für die ganze Berufsschule an der Beethovenstraße. Die trägt das Sigel "Schule ohne Rassismus — Schule mit Courage". Es ist eines des größten deutschen Schulnetzwerkes gegen Diskriminierung, Mobbing und Gewalt.

Schulministerin Sylvia Löhrmann diskutierte gestern anlässlich des Jahrestages der Verkündigung der allgemeinen Menschenrechte mit den Schülern der Arbeitsgemeinschaft über die Projekte der AG. Eine Debatte, in der sie auch zahlreiche persönliche Erlebnisse schilderten, entwickelte sich. Ein Schüler erzählte von seiner kleinen Cousine, die sich nach den glänzenden Steinen auf dem Bürgersteig erkundigte. Als das Kind erfuhr, dass die Stolpersteine an Solinger erinnern, die Opfer der Nazis waren und damals viel Leid erlitten, streichelt das Kind fortan zum Trost über jeden der Steine, an dem es vorbeikommt.

Ob es Sinn machen würde, die NPD zu verbieten, wurde Löhrmann von Schülern gefragt. Klar sei, betonte die Schulministerin, ein Verbot allein werde Rassismus nicht verhinderten. Damit freilich sei das Thema nicht erledigt. Löhrmann will insbesondere bei Schülern eine Erinnerungskultur verankern, um daraus für die Zukunft die richtigen Schlüsse ziehen zu können.

Die Begleitung der traditionellen Gedenkveranstaltung an die Reichspogromnacht am Ort der früheren Solinger Synagoge an der Malteserstraße ist beispielsweise fester Bestandteil der Arbeit der Anti-Rassismus-AG der Berufskollegs, die von beiden Lehrerinnen Anna Röder und Sabrina Zilien betreut wird. Seit dem Sommer vergangenen Jahres gehört Anti-Rassismus sogar zu den Wahlfach-Projekten der gymnasialen Oberstufe. Nach den Worten von Schulleitern Gabriele Stobbe-Dibbert bedeutet das Siegel die Verpflichtung, tagtäglich gegen Rassismus vorzugehen und Zivilcourage zu zeigen. Schwerpunkt der Arbeitsgemeinschaft ist, die Mitschüler für die mitunter versteckten Anspielungen von Ausgrenzung und Intoleranz im Alltag zu sensibilisieren.

(RP)
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