Solingen Zugunglück - Schreie und viel Kunstblut

Solingen · Am Samstagmorgen wurde der Ernstfall auf der S 7-Strecke des "Müngsteners" geprobt: Ein Abellio- Zug prallt auf ein Auto, das auf den Schienen steht. Einsatzkräfte retten Verletzte.

Bahnunternehmen Abellio simuliert Unfall
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Am Samstagvormittag um exakt 8.55 Uhr setzte der Triebfahrzeugführer eines Abellio-Zuges über den Zugbahnfunk einen Notruf an die Leitstelle der Feuerwehr Remscheid ab: "Übung - der Zug ist mit einem Pkw zusammengestoßen!" Das Auto hatte mitten auf dem Bahnübergang an der Kreuzung Alexanderstraße / Blumentalstraße gestanden. Der Zug auf der S 7-Strecke (Müngstener) schob das Auto rund 50 Meter vor sich her, bis er zum Stehen kam.

Beim Aufprall zerstörte der Triebwagen die vordere rechte Seite des Autos, riss die Beifahrerin von ihrem Sitz und schleifte sie mit. Sie (eine Puppe) liegt unter dem Zug auf den Schienen. "Ein nicht unwahrscheinliches Szenario", sagt Jens Haak, örtlicher Betriebsleiter der Firma Abellio. Er hat diese Notfallübung mitgeplant. Sie findet nicht am grünen Tisch statt: Das Unfallgeschehen wird so realistisch wie möglich an der Kreuzung inszeniert. Mit dem Eintreffen der rund 30 Rettungskräfte - Blaulicht und Martinshorn inbegriffen - setzt gleichzeitig ein heftiger Wolkenbruch ein. Egal, jetzt geht es um insgesamt 14 "Verletzte", darunter die beiden schwer verletzten Insassen des Autos. Die anderen Unfallopfer stürzten im Zug, darunter ein Rollstuhlfahrer.

Torsten Hentschel, der Einsatzleiter vor Ort des Deutschen Roten Kreuzes, hat sie alle mit viel arteriellem Kunstblut geschminkt und sie über ihre Wunden instruiert. Alle sollen unter Schock stehen; ihre Puls- und Blutdruck-Werte wie "115, 110/50" sind auf den Arm geschrieben. Immerhin ist der Zug mit beinahe Streckengeschwindigkeit zwischen 40 und 50 km/h auf das Auto aufgeprallt.

Das Fahrzeug ist völlig demoliert. Vor dem Steuer hängt Cameron Fath (33) in seinem Sitz. Er sieht furchtbar aus. Torsten Hentschel hat viel "Blut" benutzt. Außerdem stecken mächtige "Glassplitter" in Faths Brust. "Er erlitt Rippenbrüche, die Glasscherben stecken auch in seiner Lunge", sagt Hentschel. "Vielleicht sterbe ich im Rettungsfahrzeug", sagt Fath grinsend.

Warum stand das Auto auf den Schienen? "Meine Freundin hat Stress gemacht", sagt der "Schwerverletzte".

Und dann geht's los. Der Notarzt kommt, Fath beginnt laut zu schreien. Die Feuerwehrmänner entern den Zug. In seinem Inneren wimmert eine Schwangere: "Hilfe, Hilfe, mein Kind!" Eine Frau mit einer blutenden Kopfwunde bricht draußen auf dem Weg zum Zelt des Verletzten-Sammelplatzes zusammen. Hier kümmert sich auch ein Seelsorger um die Unfallopfer.

Derweil bemühen sich Rettungskräfte, das Dach des Autos abzusägen und den Triebwagen anzuheben, um die Beifahrerin zu bergen. Alle gehen konzentriert, aber mit Bedacht zur Sache. Gegen elf Uhr ist die Übung beendet. Philipp Liebermann vom Verkehrsunternehmen Abellio zieht nach der mehrstündigen Rettungsübung ein erstes Resümee: "Aus Sicht von Abellio war die Übung ein voller Erfolg. Die Zusammenarbeit der Gewerke sowie die Meldeketten haben gut funktioniert."

(RP)
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