Tönisvorst Altes Schmuckstück wird neu entstehen

Tönisvorst · Die Vorster Klais-Orgel von St. Godehard wird gerade restauriert. Mitarbeiter der niederländischer Orgelbaufirma Verschueren aus Limburg beziehen auf der Orgelempore den Blasebalg neu mit Leder. Insgesamt fehlen noch 40 000 Euro in der Finanzierung.

 Mitarbeiter Jan v. Grimbergen am völlig freigelegten Blasebalg der Orgel. Die Vorster Klais-Orgel aus dem Jahr 1901 steht unter Denkmalschutz.

Mitarbeiter Jan v. Grimbergen am völlig freigelegten Blasebalg der Orgel. Die Vorster Klais-Orgel aus dem Jahr 1901 steht unter Denkmalschutz.

Foto: Wolfgang Kaiser

Der Blick auf die Orgelempore von St. Godehard ist ungewöhnlich. Da, wo sonst der Arbeitsplatz von Organistin Ursula Neugebauer ist, klafft eine Lücke. Der Orgeltisch ist abmontiert. Und wer etwas genauer nach oben schaut, bemerkt, dass zwar noch die Pfeifen des Orgelprospektes stehen, dahinter aber fast das ganze Innenleben der Orgel verschwunden ist. Die Klais-Orgel aus dem Jahr 1901 war nicht mehr richtig spielfähig, jetzt wird sie restauriert. Das hat die niederländische Orgelbaufirma Verschueren übernommen. Täglich fahren drei Mitarbeiter des Unternehmens eine Dreiviertelstunde nach Vorst, um die Arbeiten zu erledigen, die am besten vor Ort zu machen sind. Denn der größte Teil der Orgel ist aus- und abgebaut und in die Niederlande transportiert. Im August/September wird alles fertig sein und in alte Orgel im romantischen Klang neu erklingen, hofft heute Organistin Ursula Neugebauer. Auf Orgelmusik müssen die Vorster bis dahin trotzdem nicht verzichten. Denn für die Dauer der Restaurierung stellt das Orgelbauunternehmen ein kleines Orgelpositiv, eine einmanualige Standorgel mit wenigen Pfeifen zur Verfügung. Es steht unten im Kirchenschiff direkt in Sichtweite des Altars. Auch wenn der Klang eingeschränkt ist, genießt die Kantorin die Nähe und den direkten Blickkontakt zur Gemeinde.

Die vollständige Restaurierung der Orgel hat die traditionsreiche niederländische Orgelbaufirma Verschueren in Heythuysen übernommen. Der Ort liegt in der Nähe von Roermond. Das Unternehmen in der Nachbarprovinz Limburg, das im nächsten Jahr 125 Jahre alt wird und damit eines der ältesten Orgelbauunternehmen in den Niederlanden ist, wurde zum Hundertjährigen von der damaligen Königin Beatrix zum Hoflieferanten ernannt.

 Der Orgelprospekt von hinten: Die Pfeifen zu Zuführungen sind abgebaut und werden in der Werkstatt in den Niederlanden überarbeitet.

Der Orgelprospekt von hinten: Die Pfeifen zu Zuführungen sind abgebaut und werden in der Werkstatt in den Niederlanden überarbeitet.

Foto: Kaiser, Wolfgang (wka)

Insgesamt wird das Projekt der Orgelsanierung rund 210 000 Euro kosten. Den größten Teil hat der Orgelbauverein St. Godehard mit über 100 000 Euro gestemmt, gefolgt vom Landschaftsverband Rheinland (LVR) mit 50 000 Euro - da es sich um eine historisch wichtige Orgel, die unter Denkmalschutz steht, handelt: Die Klais-Orgel in Vorst hat eine Besonderheit, sie ist eine pneumatische und keine mechanische Orgel. Weiteres Geld kommt vom Bistum und der Gemeinde. Aber es fehlen noch rund 40 000 Euro. Hier sammelt der Orgelbauverein noch fleißig weiter. Auch muss dafür noch jede Menge Orgelwein ausgeschenkt werden.

Im November begannen die Orgelbauer mit der Demontage. In der Werkstatt in Heythuysen wurden alle Pfeifen und die Zuleitungen gründlich gereinigt, Beulen geglättet und Löcher beseitigt. Eine solche Restaurierung ist viel Handarbeit, insgesamt ein aufwendiges Unternehmen. Wer jetzt auf die Orgelempore steigt, findet wenig vor. Hinter dem Orgelprospekt sind die Pfeifen verschwunden. So kommen die Mitarbeiter gut an den drei mal vier Meter großen Blasebalg heran. Wie Mitarbeiter Jacques von der Aart erklärt, wird der Blasebalg neu beledert. Das alte Leder war hart und brüchig geworden. Jetzt schneidet Ger Heussen die Lederteile genau zu und bringt sie mit Knochenleim auf. Da der Leim erhitzt werden muss, benutzt er dazu ein herkömmliches Bügeleisen.

 Organistin Ursula Neugebauer hockt zwischen den Bleiröhrchen am Boden, die zum Spieltisch führen.

Organistin Ursula Neugebauer hockt zwischen den Bleiröhrchen am Boden, die zum Spieltisch führen.

Foto: Kaiser, Wolfgang (wka)

Doch nicht nur die Pfeifen und Röhren sind ausgebaut, sondern auch der Spieltisch ist entfernt. Am Boden kann man jetzt gut erkennen, wie dort die luftführenden Bleiröhrchen vom Spieltisch zu den Pfeifen führen. Auch hier müssen die Niederländer "allerhand Sachen" machen, es wird gesäubert, renoviert und gelötet. Jede Pfeife hat ein eigenes Bedienungssystem. Ursula Neugebauer freut sich schon darauf, die renovierte Orgel wieder spielen zu können. Auch denkt sie bereits über die Möglichkeit von Konzerten nach - natürlich nicht so häufig wie in Kempen. Die romantisch ausgerichtete Orgel böte sich für Musik von Reger und Rheinberger geradezu an. Die pneumatische Orgel war zu Beginn ihrer Einführung so beliebt, weil man schnell ohne Kraftaufwand viel besser spielen konnte, erklärt Neugebauer. Die meisten Organisten sind mechanische Werke gewohnt und fürchten die späte Ansprache der Pneumatik. Darin ungeübte Organisten machen den Fehler, auf die Töne zu warten, statt sie "vorauszuhören".

Nachdem die Orgel in Vorst nicht mehr richtig spielfähig war, ist in St. Godehard jetzt Vorfreude angesagt. Denn im Herbst wird die restaurierte Orgel ihre herrliche Wiederauferstehung feiern können.

(RP)
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