Tönisvorst Amüsantes Spiel um Beziehungsprobleme

Tönisvorst · Der bekannte Schauspieler Helmut Zierl brillierte im Forum Corneliusfeld in St. Tönis in der Hauptrolle des melancholischen Technikverweigerers Sebastian im Schauspiel "Wir lieben und wissen nichts".

 Uwe Neumann, Elisabeth Degen und Helmut Zierl (von links) in einer Szene von Moritz Rinkes Schauspiel "Wir lieben und wissen nichts", das der Stadtkulturbund ins Forum Corneliusfeld holte.

Uwe Neumann, Elisabeth Degen und Helmut Zierl (von links) in einer Szene von Moritz Rinkes Schauspiel "Wir lieben und wissen nichts", das der Stadtkulturbund ins Forum Corneliusfeld holte.

Foto: KONZERTDIREKTION LANDGRAF/JÜRGEN FRAHM

Zwei Paare treffen beim Wohnungstausch aufeinander, die unterschiedlicher nicht sein können. Völlig verschiedene Lebensentwürfe stehen sich gegenüber. Am Ende gibt es kein Happy End, man geht auseinander, nimmt aber seine ganz persönlichen Probleme mit. Moritz Rinke hat mit dem Schauspiel " Wir lieben und wissen nichts" ein höchst unterhaltsames Spiel um die Qual der Gefühle geschrieben, das mitunter etwas zäh läuft, aber eine Unmenge witziger und pointierter Dialoge auf die Bühne bringt. Und wenn dann vier so hervorragende Darsteller das Spiel gestalten, wie dies am Freitag im Forum Corneliusfeld in St. Tönis der Fall war, dann ist das Tourneetheater auf hohem Niveau, das am Ende mit viel Beifall bedacht wurde.

Dabei musste das Publikum erst einmal warm werden mit den Figuren: Und die sind schon recht schräg. Da ist zum einen der melancholische Technikverweigerer und Bücherwurm Sebastian, den der aus zahllosen TV-Liebhaberrollen bestens bekannte Helmut Zierl herrlich verschroben darstellt und den man im Laufe des Stückes immer mehr lieb gewinnt, weil man sich zunehmend mit ihm identifizieren kann. Sein polternder Gegenpart (lautstark und wie es die Rolle vorsieht dynamisch: Uwe Neumann) ist Roman, ein Nachrichtensatelliten steuernder Technik-Freak, der anscheinend alles im Griff hat, nur sich selbst und seine Triebe schon gar nicht. Er ist, so glaubt man anfänglich noch, der große Macher, der alles kann und alles schafft, der aber partout nicht wahrhaben will, dass ihm von seiner Firma längst gekündigt worden ist. Ein trauriger Ritter von der einsamen Gestalt, der dies durch machohaftes Getöse zu überspielen sucht. Zwischendurch steht er gar in heruntergelassenen Hosen da, im Grunde eine Sex-Szene und doch auch das Sinnbild für seinen ganz persönlichen Abstieg.

Dennoch schafft er es, Hannah, die Yoga-Lehrerin für Banker, die in diesem Stück ihr Fett so richtig abbekommen, zu beeindrucken, deren Partner Sebastian sich doch sehr weltfremd durch den Alltag hangelt. Elisabeth Degen, Tochter des bekannten Schauspielers Michael Degen, gibt der Figur intensives Leben und steht als vielschichtiger Charakter neben Magdalena, Romans Ehefrau, die von Sandrine Guiraud in Vertretung der wegen Schwangerschaft ausfallenden Teresa Weißbach brillant verkörpert wird. Mit viel Schwung und Tempo versinkt sie in Alkohol, scheint ein arges Dummchen zu sein, entwickelt sich im Laufe des Stücks aber immer mehr zu einer Person, die genau weiß, was sie will. Sandrine Guiraud, ein ausgewiesenes Temperamentsbündel, genießt als Tier-Physiotherapeutin ihre Paraderolle in vollen Zügen.

Alles in allem: In Rinkes Theaterstück steht ein Quartett im Grunde trauriger Gestalten, denen man zum einen lachend, aber irgendwie auch betroffen durch ihre Gefühlswallungen folgt, auf eine weitgehend leeren Bühne. Es fallen in diesem Stück Nachdenkens werte Sätze wie "Wie "Kann man zusammenbleiben, wenn man sich nicht die Wahrheit sagt?" oder "Liebt man jemanden oder liebt man etwas an ihm?" und "Wenn wir nicht reden, trennen wir uns nicht". Autor Moritz Rinke hat in diesem Stück auch beherzigenswerte Ansichten zur ach so modernen Technikeuphorie eingebaut und lässt seinen Protagonisten beklagen, wie sehr sie unser Leben dramatisch bestimmt. Der sensible Kulturmensch Sebastian stemmt sich dagegen, verzweifelt an der Welt der W-LANs und PINs, für die Roman so sehr einsteht, ohne dass es ihm am Ende etwas nützt.

(jka)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort