Tönisvorst/Krefeld Bekam Angeklagter selbst Stromschlag?

Tönisvorst/Krefeld · Im Oktober 2014 wurde ein Rentner in St. Tönis vor seinem Haus überfallen. Er starb später an den Folgen seiner Verletzungen. Fünf junge Leute stehen nun zum zweiten Mal vor Gericht. Gestern äußerte sich ein 22-Jähriger.

Im Raubmordprozess gegen vier Männer und eine Frau hat gestern ein weiterer Angeklagter durch seinen Verteidiger eine Einlassung verlesen lassen. Murat C. war im vergangenen Jahr wegen Raubes mit Todesfolge in Tateinheit mit Totschlag durch Unterlassen schuldig gesprochen worden. Gestern teilte der 22-Jährige mit, dass er den Rentner weder geschlagen, noch getreten oder gewürgt habe.

Am Tattag im Oktober 2014 sei ein Anruf auf seinem Handy eingegangen. Einer der Mitangeklagten fragte ihn, ob er zu dem Casino in Straelen kommen könne. Er sei umgehend dort hingefahren, ohne den Grund zu hinterfragen. Die Mitangeklagte, Madonna R., sei mit ihrem eigenen Auto nach Straelen gekommen und habe den Wagen an einer Tankstelle abgestellt. Dann seien sie zu fünft nach Tönisvorst gefahren. Erst im Auto habe er erfahren, dass er die anderen zum Haus eines Rentners bringen sollte, in das sie einbrechen wollten. Er habe nur Schmiere stehen sollen. Die anderen hätten von einem Tresor gesprochen und noch gesagt, der Mann sei auf keinen Fall zu Hause. Vor Ort sah er allerdings, dass der Rentner gerade Waren aus dem Baumarkt in das Haus trug.

"Rückblickend glaube ich, dass die anderen damit rechneten, dass er zu Hause war", hieß es weiter. Der 22-Jährige räumte ein, mit drei anderen in das Haus gegangen zu sein. "Mir wurde gesagt, dass ich ihn festhalten soll." Also habe er den Rentner gepackt und zu Boden gebracht und "dafür gesorgt, dass er nicht mehr hochkam". Außer ihm hätten alle den 81-Jährigen geschlagen, auch ein Elektroschocker sei eingesetzt worden. "Ich wollte nicht, dass der irgendwelche körperlichen Schäden nimmt", beteuerte er in der schriftlichen Einlassung. Er habe den anderen sogar gesagt, sie sollen aufhören. Die aber hätten ihn zurechtgewiesen. Er glaube, in dem Zusammenhang auch selber einen Stromschlag bekommen zu haben.

Von einer Durchsuchung des Gebäudes nach Wertsachen berichtete der Angeklagte nicht. Die Schilderung des Hergangs setzte erst kurz vor dem Verlassen des Hauses wieder ein. Er habe den am Boden Liegenden noch umdrehen wollen, es aber nicht geschafft. Es sei ein Stöhnen zu hören gewesen. "Ich ging zu dem Zeitpunkt nicht davon aus, dass er in Lebensgefahr war." Er sei aber besorgt gewesen, dass der Rentner verletzt sein könnte. Dass er selber den 81-Jährigen gedrosselt oder gewürgt hat, stritt er ab und entschuldigte sich bei den im Saal sitzenden Angehörigen.

Der Tönisvorster Rentner war durch stumpfe Gewalteinwirkung gegen den Hals erstickt. Der Verteidiger des 22-Jährigen blockte weitere Fragen des Gerichts ab. Darauf werde es vielleicht am nächsten Prozesstag Antworten geben. Der Richter kündigte an, dass es großen Klärungsbedarf gebe. Unter anderem wolle er wissen, wer auf den Hals des Opfers eingewirkt hat. Auch solle er sich dazu äußern, warum er gegen seinen Willen 20 bis 30 Minuten mit den anderen im Haus blieb, anstatt zu gehen.

Wie schon im ersten Anlauf versuchte die Verteidigung, das Protokoll der richterlichen Vernehmung eines weiteren Angeklagten zu verhindern. Erneut wurde das Argument genannt, dass der damals Minderjährige bei der Polizei in Abwesenheit seines Vaters ausgesagt habe. Die Kammer kam erneut zu dem Schluss, dass kein Verwertungsverbot besteht. Die Angeklagten wurden bereits zu Freiheitsstrafen von bis zu zehn Jahren verurteilt. In vier Fällen wurde eine Jugendstrafe verhängt. Der Bundesgerichtshof kassierte das Urteil allerdings. Ziel der Verteidigung sind nun mildere Strafen.

(bil)
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