Tönisvorst Hand in Hand fürs Krankenhaus

Tönisvorst · Vor 20 Jahren hat es sich gegründet, das "Aktions-Komitee pro Krankenhaus". Mit Beharrlichkeit, Humor und guten Ideen haben zehn Tönisvorster Bürger das Krankenhaus gerettet.

 Im April 1997 reisten die Komitee-Mitglieder mit vier Krankenhausbetten nach Düsseldorf und spazierten über die Rheinuferpromenade.

Im April 1997 reisten die Komitee-Mitglieder mit vier Krankenhausbetten nach Düsseldorf und spazierten über die Rheinuferpromenade.

Foto: Hans-Jürgen Bauer

Am 20. Februar 1997, also heute auf den Tag genau vor 20 Jahren, tagt der Stadtrat im großen Saal des Mertenshofs. Das Thema: die vom NRW-Gesundheitsminister angekündigte Schließung des Tönisvorster Krankenhauses. Schon im Vorfeld hatten Brigitte Sorgalla, Christiane Pohl, Irmeli Gerland und Hans-Dietrich Schatz eine Bürgerinitiative gestartet und 14.000 Unterschriften für den Erhalt gesammelt - wie es scheint, umsonst. Eine Rettung sei aussichtslos, heißt es in der Ratssitzung.

Aber da hat noch niemand mit der Wehrhaftigkeit der St. Töniser gerechnet. Noch am Abend der Ratssitzung beschließen zehn Bürger rund um Günter Wolfs und Rolf Schumacher, das "Tönisvorster Aktions-Komitee pro Krankenhaus" zu gründen und jede Woche ein "Donnerwetter am Donnerstag" loszulassen, und zwar so lange, bis feststeht, dass das Tönisvorster Haus im Krankenhausbedarfsplan stehen bleibt.

58 Wochen lang, von Februar 1997 bis September 1998, sollte es dauern, bis das Ziel erreicht war. 58 Wochen hält das Aktionskomitee das Thema wach, mobilisiert Bürger, setzt das Gesundheitsministerium unter Druck und schafft das Unmögliche: Das Krankenhaus bleibt, wenn auch mit Einschränkungen. Aber die Grundversorgung wird erhalten, ebenso das Notarztsystem. Aus der großen Chirurgie wird eine kleine, die Geburtsstation wird geschlossen, die geriatrische Rehabilitation ausgebaut. Das Haus ist gerettet und mit ihm 200 Arbeitsplätze.

Rolf Schumacher, damals Vorsitzender des Heimatbundes, blickt mit Stolz auf die Zeit zurück. "Wir wussten, dass wir mit sachlichen Argumenten keinen mehr überzeugen konnten", sagt Schumacher, "die Argumente waren ausgetauscht, deshalb wollten wir mit medienwirksamen Aktionen kämpfen." Der Plan geht auf. Die Aktionen können sich sehen lassen.

Im März 1997 stehen rund 4000 Menschen in strömendem Regen auf dem Radweg zwischen St. Tönis und Vorst. "Wenn ich daran denke, bekomme ich heute noch Gänsehaut", sagt Schumacher. "Hand in Hand für das Tönisvorster Krankenhaus" ist das Motto. Danach gibt es kein Zurück mehr. Jeden Dienstag trifft sich das Komitee, um die nächste Aktion zu planen. In der St. Töniser Fußgängerzone werden vitaminhaltige Früchte verteilt, weil sich "ohne Krankenhaus keiner leisten kann, krank zu werden".

Etliche Bürger folgen dem Aufruf des Komitees und rufen am 6. März 1997 zwischen 10 und 12 Uhr beim Gesundheitsmister an. Das Telefon ist zwei Stunden lang lahmgelegt. Auf dem Rathausplatz wird die Aktion mit Lautsprechen übertragen. "Meistens hörte man nur das Besetzzeichen", erinnert sich Schumacher. Im April 1997 reisen die Komitee-Mitglieder mit vier Krankenhausbetten nach Düsseldorf und spazieren über die Rheinuferpromenade. "Wir bringen vier Betten, den Rest müssen wir für unsere Grundversorgung retten!" Auch das DRK unterstützt das Komitee und gibt auf dem Rathausplatz Tipps für die Erstversorgung im Notfall.

Mahnwachen finden statt, Malaktionen, Proteste vor den Haupthäusern von Krankenkassen. Es gibt einen Autokorso und eine Radtour unter dem Motto: "Mit Rad und Tat fürs Krankenhaus". Auch ein offenes Singen, Motto: "Wir erheben unsere Stimme", und ein Skatturnier, Überschrift: "Die Karten werden neu gemischt" werden initiiert. Immer mehr Menschen unterstützen das Komitee. Geschäftsleute, Gastronomen, Vereine und die Kirchengemeinden sind mit im Boot. "Wir waren selber erstaunt, wie viele Menschen wir mobilisieren konnten", erinnert sich Schumacher.

Am 11. September startet das Aktions-Komitee das 58. "Donnerwetter am Donnerstag": Begleitet von einem Streifwagen der Polizei brechen die Mitglieder zu einer Freudensfahrt durch St. Tönis und Vorst auf. Kurz zuvor ist die Meldung eingegangen: "Die Landesregierung stimmt zu, das Tönisvorster Krankenhaus bleibt."

(WS03)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort