Tönisvorst/Willich/Kempen Jede Kirche hat eigenen Glockenklang

Tönisvorst/Willich/Kempen · Mit Orgelfachmann Norbert Jachtmann schauen wir auf die Glockenstühle der Kirchen in unserer Region.

 Der Glockensachverständige Norbert Jachtmann.

Der Glockensachverständige Norbert Jachtmann.

Foto: JAZYK

In der Passionszeit hat auch das Geläut der Kirchen abgespeckt. An Gründonnerstag verstummen die Glocken ganz - bis zur Osternacht, und erst recht am Ostersonntag, wenn alle Glocken wieder festlich geläutet werden. Jede Kirche hat einen anderen Klang, und jeder Glockenstuhl sieht anders aus. Auch die Geschichte der Glocken ist höchst unterschiedlich.

Der Krefelder Kirchenmusiker Norbert Jachtmann ist Glockensachverständiger für das Bistum Aachen, Essen und Erzbistum Köln. Die schönste Glocke des Abendlandes ist für ihn die "Gloriosa" im Erfurter Dom. Sie wurde 1497 vom Niederländer Geert van Wou gegossen, wiegt 11,45 Tonnen und ist die größte freischwingende mittelalterliche Glocke der Welt. Und im Rheinland ist es - wenig überraschend - der Kölner Dom, dessen Glocken am meisten faszinieren. Der Dom verfügt über zwei gotische Glocken, die für Jachtmann schöner und reiner klingen als die späteren aus der Barockzeit (nach 1575).

Diese berühmten Glocken dürfen aber nicht darüber hinweg täuschen, dass es vor Ort jede Menge wohlklingende Glocken, Glocken berühmter Werkstätten oder Glocken mit besonderer Geschichte gibt. Die älteste Glocke im Gebiet unserer Redaktion ist mit 1408 in St. Mariä Geburt in Kempen zu finden.

Im Kirchturm über Kempen hängen fünf Glocken - aus vier Jahrhunderten: aus dem 15., 16., 18. und 20. Jahrhundert. Die mit 4200 kg größte Glocke hat der Kölner Gottfried Tinckelmeyer 1715 gegossen. Die älteste Glocke von 1408 ist die zweitgrößte Glocke mit 2500 kg. Es folgen Glocke III von 1990 (1400 kg), Glocke IV von 1787 (750 kg) und Glocke V, 1574 von Peter van Trier aus Aachen gegossen. Dieser große Gießer hat auch die Glocken für den Aachener Dom gegossen. Das Hauptgeläut setzt sich heute aus den drei großen Glocken zusammen. Auch die Willicher Pfarrkirche St. Katharina hat Glocken, die aus drei verschiedenen Jahrhunderten stammen - von 1673, 1777 und 1844. Sie wiegen 1500, 1300 und 900 Kilogramm. "Es handelt sich hier um eine der wenigen Bronzeglocken, die Johannes Bourlet mit einem anderen Glockengießer zusammen gegossen hat. Bourlet scheint aber doch dominierend tätig gewesen sein, denn sowohl das Klangbild als auch die optische Gestaltung lassen deutlich Bourlet erkennen", schreibt der Glockensachverständige Gerhard Hoffs im Glockenbuch des Bistums Aachen. Das Geläutemotiv der drei Glocken ist "Deinem Heiland, deinem Lehrer" (Gotteslob Nr. 931).

In St. Hubert in Kempen stammt eine der vier Glocken aus dem Jahr 1508, sie wurde von Wolter Westerhues aus Münster gegossen und wiegt 500 Kilogramm. Ein schönes Geläut hat auch die Kirche St. Godehard in Vorst. Sie besitzt wahrscheinlich zwei Glocken aus dem Jahr 1627, gegossen von Edmund und Ludwig Brochard aus Frankreich. Die drei weiteren Glocken sind von 1897 und 1980.

Bei der Pfarrkirche St. Cornelius in St. Tönis stammen alle sechs Glocken aus der selben Werkstatt, von Hans Hüesker, Fa. Petit & Gebr. Edelbrock, Gescher im Münsterland. Während im Turm moderne Glocken von 1960 hängen, gibt es noch eine nur 120 Kilogramm schwere Sologlocke von 1885, die im Vierungsturm hängt.

(RP)
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