Tönisvorst Millionen-Defizit trotz Steuererhöhung

Tönisvorst · Der Haushaltsentwurf 2016 sieht Ausgaben von 64 Millionen Euro vor, denen nur 59 Millionen Euro an Einnahmen gegenüberstehen. Mit einem begrenzten Rückgriff auf die Rücklagen bleibt der Haushalt genehmigungsfähig.

 Beigeordnete und Kämmerin Nicole Waßen und Bürgermeister Thomas Goßen brachten gestern den Haushaltsentwurf 2016 in den Stadtrat ein.

Beigeordnete und Kämmerin Nicole Waßen und Bürgermeister Thomas Goßen brachten gestern den Haushaltsentwurf 2016 in den Stadtrat ein.

Foto: W. KAISER

Die höchste Einnahme, die in die Stadtkasse von Tönisvorst fließen, ist der Gemeindeanteil an der Einkommenssteuer (rund 15,4 Millionen Euro), gefolgt von der Gewerbesteuer (11,6 Millionen Euro). Weitaus weniger bringt die Grundsteuer B (4,5 Millionen) ein. Während eine Kommune keinen Einfluss auf die Einkommenssteuer hat, sind Gewerbe- und Grundsteuer variable Größen. An beiden Schrauben will die Stadt Tönisvorst drehen. Die Gewerbesteuer soll auf 475 Prozentpunkte steigen, die Grundsteuer B auf 500. Diese Erhöhung, die zur vorgelegten Haushaltssatzung gehört, sollte der Stadtrat gestern Abend bereits beschließen (Morgen berichten wir über die Reaktion der Kommunalpolitik auf den Haushaltsentwurf). Damit steht Tönisvorst ganz an der Spitze der Kommunen im Kreis Viersen. Bürgermeister Thomas Goßen weiß aber aus den kommunalen Verbänden, dass rund 70 Prozent der Kommunen in NRW auf diesem Weg folgen werden, wodurch sich die Positionierung an der Spitze wieder verändern wird.

Es sind nicht die Kosten für die Unterbringung der Flüchtlinge, die den Haushalt der Stadt Tönisvorst ins Schuldentief geführt haben. Darauf legen Kämmerin Nicole Waßen und Bürgermeister Thomas Goßen großen Wert. Natürlich waren die Kosten für die Unterbringung, Verpflegung und ärztliche Versorgung in der tatsächlich benötigten Höhe nicht absehbar und deswegen auch nicht im Haushalt eingeplant. In diesem Jahr konnten die Mehrausgaben gut verkraftet werden, weil es unerwartet auch Nachzahlungen bei der Gewerbesteuer gab. Die Kämmerin spricht von Mehreinnahmen in Höhe einer Million Euro.

Auch ohne Flüchtlinge hat die Stadt Tönisvorst ein strukturelles Minus. Ohne Erhöhung der Gewerbe- und Grundsteuer müsste die Stadt 1,4 Millionen Euro einsparen. Das noch nicht abgeschriebene Schwimmbad zu verkaufen und abzureißen, brächte einen Vermögensverlust. Bei der Bücherei müsste das Personal weiterbeschäftigt werden. Auch im Personalhaushalt sieht die Stadtspitze keine Luft mehr. Im Stellenplan heißt es immer öfter "künftig wegfallend" oder "künftig umzuwandeln", sprich in eine Stelle mit niedriger Bezahlung. Ob man mit dieser Strategie noch gutes Personal nach Tönisvorst holen kann? Dieses Risiko geht die Verwaltung mit diesem Entwurf ein. Alles ist auf das Ziel ausgerichtet, einen genehmigungsfähigen Haushalt zu erhalten. Mit einem Rückgriff auf die Rücklagen, die mit 4, 91 Prozent unter der vorgeschriebenen 5 Prozentmarge bleiben, hat Waßen dieses Ziel erreicht. Anderenfalls droht das Haushaltssicherungskonzept. Dann kämen alle freiwilligen Ausgaben, aber auch Beförderungen von Mitarbeitern in der Verwaltung auf den Prüfstand. Der Rückgriff auf die Rücklagen beträgt 5,08 Millionen Euro. Der Höchstbetrag der Kredite, die zur Sicherung der Liquidität in Anspruch genommen werden sollen, wächst von 20 auf 25 Millionen Euro (bis 2019 könnte der auf 32 Millionen steigen). Und auch das Defizit von 5,1 Millionen Euro wird man von Jahr zu Jahr weiterschleppen müssen. In diesem Jahr versucht man eine Lösung mit Steuererhöhung plus Konsolidierung.

(RP)
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