Tönisvorst Verteidiger fordert neues Gutachten

Tönisvorst · Nachdem die Besetzungsrüge abgelehnt wurde, geht es jetzt erneut um die Verhandlungsfähigkeit des wegen Betrugs und Untreue angeklagten Lothar Vauth. Er und seine Frau Jessica werden nicht zu den Anklagepunkten aussagen.

 Zu den Gerichtsterminen wird der Angeklagte Lothar Vauth zuerst aus dem Justizvollzugskrankenhaus Fröndenberg/Ruhr und jetzt aus der JVA Ratingen gebracht. Vor dem Gerichtssaal ist extra eine Rampe aufgebaut.

Zu den Gerichtsterminen wird der Angeklagte Lothar Vauth zuerst aus dem Justizvollzugskrankenhaus Fröndenberg/Ruhr und jetzt aus der JVA Ratingen gebracht. Vor dem Gerichtssaal ist extra eine Rampe aufgebaut.

Foto: LOTHAR STRÜCKEN

Spannende Wende im Betrugsprozess gegen das Tönisvorster Ehepaar Lothar und Jessica Vauth, das im Zusammenhang mit der Krefelder Sozietät Dr. Stöber, Oehring und Partner vor dem Landgericht Krefeld wegen Betruf und Untreue in 931 Fällen angeklagt ist. Stand in den ersten Tagen des Prozesses eine Besetzungsrüge durch die Verteidigung an, so wurde sie gestern von der Zweiten Großen Strafkammer verworfen. Auch die Zuständigkeit der Wirtschaftsstrafkammer wurde verneint. Der Prozess ist nicht geplatzt und kann weitergeführt werden. Als vorsitzende Richterin Ellen Roidl-Hock die Angeklagten zu den ihnen vorgeworfenen Straftatbeständen fragen wollte, ließen Lothar und Jessica Vauth durch ihre Anwälte erklären, sich zu den Vorwürfen nicht äußern zu wollen. Daraufhin stellte Lothar Vauths Anwalt Daniel Wölky einen neuen Antrag: Gerichtspsychologe Prof. Dr. Pedro Faustmann solle von seinem Gutachter-Auftrag entbunden werden. Prof. Dr. Wolfgang Retz von der Uni Mainz habe sich das Gutachten angesehen: Die Schlussfolgerungen von Faustmann hielten demnach einer kritischen Überprüfung nicht stand.

Pedro Faustmann hatte am 23. September 2016 dem Gericht aufgrund beschlagnahmter Krankenakten ein ärztliches Gutachten vorgelegt, das die Verhandlungs- und Verteidigungsfähigkeit des angeklagten Lothar Vauth bescheinigte und keine krankheitsbedingten Einschränkungen mehr sah. Daraufhin hatte das Landgericht am 4. November Haft erlassen und am 10. November vollstrecken lassen. Im Haftbefehl war vom Gericht hervorgehoben worden, dass der Angeklagte übertrieben reagieren werde und Anfälle vortäuschen könne. Wie Verteidiger Wölky weiter ausführte, tauchten am 10. November vier Polizisten an Vauths Haus in St. Tönis auf, fanden den Angeklagten im Schlafzimmer vor und nahmen ihn mit auf die Wache an der Hansastraße in Krefeld. In der Zelle bekam er einen klaustrophobischen Anfall und wurde in eine größere Zelle gebracht. Als er dort Atemprobleme bekam, wurde ein Arzt hinzugezogen. Dieser bestand darauf, den Festgenommenen sofort mit einem Rettungswagen in ein Krankenhaus bringen zu lassen. Eine Stunde später wurde Vauth in das Helios-Krankenhaus eingeliefert. Dort stufte man ihn als einen Höchstrisikopatienten ein, der weder transport-, noch verhandlungsfähig sei. Im Dezember wurde Vauth am offenen Herzen operiert, ihm wurde eine neue Herzklappe eingesetzt. Der Angeklagte kam dann in das Justizkrankenhaus Fröndenberg, in dem Vauth aber keine Anschlussheilbehandlung erhielt, wie Wölky kritisierte. Vauth sei inzwischen in die Haftanstalt Ratingen verlegt worden, wo er in einer Behindertenzelle untergebracht sei. Noch stellte Wölky keinen Antrag zur Haftfrage, bat aber das Gericht, sich über Haftbedingungen und Haftgrund Gedanken zu machen.

2004 wurde Lothar Vauth zum SPD-Fraktionsvorsitzenden im Tönisvorster Stadtrat gewählt. Für 2009 kandidierte er für das Landratsamt im Kreis Viersen. Im November 2008 traf er den damaligen Umweltminister Sigmar Gabriel. Vauth wollte den Kreis zum Vorreiter im kommunalen Klimaschutz machen. Als die Vorwürfe 2009 publik wurden, trat Vauth von allen Ämtern zurück. Seit 2009 war er in psychiatrischer Behandlung, wie der Verteidiger aus dem Gutachten verlas. Die behandelnden Ärzte in mehreren Kliniken attestierten Lothar Vauth schwere depressive und Angst-Störungen, aber auch Diabetes und gravierendes Übergewicht. Die Pflegeversicherung soll ihn in Pflegestufe II eingeteilt haben.

(RP)
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