Tönisvorst Zum Lernen fehlt das Geld

Tönisvorst · Die Flüchtlinge sind gut ausgebildet und motiviert, aber es gibt keinen Folgekurs für die Deutschklasse, die seit einem halben Jahr im Gebäude der Realschule Tönisvorst büffelt. Jetzt werden Sponsoren gesucht.

 Lehrerin Claudia Poetters würde die Syrier und Iraker, die zwischen 25 und 50 Jahre alt sind, gern weiter unterrichten.

Lehrerin Claudia Poetters würde die Syrier und Iraker, die zwischen 25 und 50 Jahre alt sind, gern weiter unterrichten.

Foto: Wolfgang Kaiser

Sie sind nach Deutschland gekommen, weil sie im zerbombten Syrien nicht mehr leben, nicht mehr arbeiten und nicht mehr studieren konnten. "Jetzt möchte ich mein Studium in Duisburg beenden", sagt Ammar Alsarraj, der in Syrien Informatik studiert hat, "aber dafür brauche ich die Sprachkurse."

Im Dezember, fünf Monate nach seiner Ankunft in Deutschland, hat der 26-Jährige gemeinsam mit 14 weiteren Männern und einer Frau den A1-Kursus für Einsteiger begonnen, den die Volkshochschule Viersen angeboten hat. Jeden Tag haben die Syrier und Iraker, die zwischen 25 und 50 Jahre alt sind, mit der freiberuflichen Dozentin Claudia Poetters sechs Stunden lang in einem Raum der Realschule Leonardo da Vinci zusammengesessen und die deutsche Sprache, die Grammatik und die Schrift gebüffelt. "Alle sind hoch motiviert", schwärmt die Lehrerin, die neben den Studenten auch einen Englischlehrer und weitere Akademiker in der Gruppe hat.

Nun ist der Einsteiger-Kursus offiziell abgeschlossen und das Level A1 erreicht. "Das ist das Sprachniveau, das man braucht, um sich im Alltag zurechtzufinden", sagt Claudia Poetters. Sowohl die Lehrerin als auch die Schüler würden nun gerne mit dem A2-Kursus fortfahren, aber: "Die Bundesagentur für Arbeit hat keine Verlängerung vorgesehen", weiß die Dozentin. Vielmehr sollen die Schüler auf ihren Integrationskursus warten. "Aber das kann bis zum Herbst dauern", fürchtet Poetters. "Wir möchten nicht warten, wie denken an unsere Zukunft und wollen schnell und gut die deutsche Sprache lernen, um hier arbeiten und studieren zu können", sagt Sheyar Belal, ein angehender Telekommunikations-Ingenieur.

VHS-Direktorin Bianca Goertz sagt, die VHS sei bereit, einen A2-Kursus in Tönisvorst als Trägerschule zu übernehmen. Finanzieren könne sie das aber nicht. "Aber ab Mai bieten wir den nächsten Integrationskursus an", sagt die Leiterin, ob nun aber die 15 Schüler von Claudia Poetters alle in diesem Kursus untergebracht werden können, kann die VHS-Direktorin nicht zusichern.

Die Flüchtlinge sind unterdessen bereits selbst aktiv geworden. Sie haben sich an die Flüchtlingshilfe Tönisvorst gewandt, die bereits zugesagt hat, ein Viertel der Kosten in Höhe von knapp 4000 Euro für den A2-Kursus zu übernehmen. Auch beim Sozialamt der Stadt sind sie vorstellig geworden. "Ich werde versuchen, Geld für den Sprachkursus zu beantragen, aber das muss noch besprochen werden", sagt Fenna Botta, Leiterin des Fachbereichs Soziales.

Für Ammar, Sheyar und die anderen aus dem Kursus wäre es von großem Vorteil, wenn sie zügig weiterlernen könnten. "In den Integrationskursus könnten sie immer noch einsteigen", sagt Bianca Goertz, "dann eben bei Modul drei oder vier, sodass der Kursus verkürzt wäre." Besonders den Studenten läuft die Zeit davon, denn bis sie zum Studium an einer deutschen Universität zugelassen werden, ist es noch ein weiter Weg. "Für ein Studium braucht man das Level C1", weiß Bianca Goertz. Und da die Kurse, die dieses Sprachniveau vermitteln, nicht kostenfrei seien, müssen die angehenden Studenten zunächst arbeiten und Geld verdienen, um sich die Kurse leisten zu können, die ihnen die notwendige sprachliche Qualifikation bescheinigen. Die deutsche Wirtschaft wird also noch eine Weile auf die Fachkräfte aus dem Ausland warten müssen.

(WS03)
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