Viersen 38.300 Euro für die Flüchtlingshilfe

Viersen · Die Caritas-Kinderhilfe unterstützt zwölf Projekte für Kinder. Förderung gibt es für den Sprachunterricht, für Reiten und Tanz, für Ausflüge in den Kletterwald und auf den Bauernhof. Alles soll den Kindern helfen, anzukommen

Der Stift kann sprechen. Wenn man mit dem Gerät über das aufgeschlagene Buch fährt und auf ein Bild tippt, spricht der Stift. "Maria malt", zum Beispiel. Oder "Ich schreibe". Dass es diese Audio-Stifte und die passenden Bücher und Hefte dazu gibt, ist für Martin Thees ein Segen. Der Ehrenamtler engagiert sich beim katholischen Verein für soziale Dienste in der Region Kempen-Viersen (SKM) und hilft Flüchtlingsfamilien, die in einem Haus auf dem Gelände der LVR-Klinik in Süchteln untergebracht sind, Deutsch zu lernen.

Insbesondere unter den geflüchteten Frauen gebe es viele Analphabeten, hat Thees festgestellt. Das Problem für die Ehrenamtler: "Wir haben keine gemeinsame Sprache. Wir als Sprachlehrer können ihnen nichts erklären, und sie können uns nichts fragen. Das macht die Arbeit für uns als ehrenamtliche Sprachlehrer so unglaublich schwer." Da helfen die Audio-Stifte und die Bücher. "Gerade für Analphabeten ist die Kombination von Text und Bild sehr wichtig", erklärt Thees. "Und durch die präzise Sprache des Stiftes prägen sich die Wörter ein."

Daneben hat sich der SKM weitere Projekte überlegt: Flüchtlingsfamilien und Ehrenamtler sollen in diesem Jahr Ausflüge auf den Bauernhof und in den Süchtelner Kletterwald machen können, außerdem gibt es ein reittherapeutisches Angebot für Kinder und Jugendliche.

Die vier Projekte des SKM gehören zu insgesamt zwölf Projekten der verbandlichen Caritas im Bistum, die gestern von der Caritas-Kinderhilfe eine Förderung erhalten haben. 38.300 Euro gibt es insgesamt von der Kinderhilfe für Projekte, die helfen sollen, "durch Flucht traumatisierten Kindern Lebensfreude und Zuversicht zurückzugeben", sagt Martin Novak vom Vorstand der Caritas-Gemeinschaftsstiftung. Nachdem 2015 sehr viele Flüchtlinge nach Deutschland kamen und sich vielerorts Initiativen zur Hilfe gründeten, sank 2016 die Zahl der Neuankömmlinge. Mehr als 20 Millionen Kinder seien weltweit auf der Flucht, tausende von ihnen suchten ein Zuhause und Sicherheit, so Alfred Etheber vom Caritasverband. "Zwei von drei Kindern sind traumatisiert. Diese Kinder haben einen schweren Start ins Leben." Jetzt gehe es darum, dass die Menschen gut ankommen und dauerhaft eine Heimat finden.

Darum kümmern sich auch viele Einrichtungen der Caritas. Im Bethanien Kinderdorf in Waldniel leben acht unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in einer Wohngruppe. Mit der Förderung will das Kinderdorf Sportangebote für die Jugendlichen finanzieren. "Sport ist eine gute Möglichkeit der Integration", erklärt Kinderdorfleiter Klaus Esser. "Man geht in den Ort und powert sich aus." Das bestätigen Abdu (16) aus Äthiopien und Obaid (18) aus Afghanistan. Abdu geht ins Fitnessstudio und zum Fußball, Obaid macht Taekwondo.

Sport können durch die Förderung auch junge Flüchtlinge in Mönchengladbach treiben: Dort organisiert der Sozialdienst katholischer Frauen (SKF) ein kreatives, musisches, erlebnispädagogisches Projekt im Jugendhaus am Steinberg: 20 Kindern sollen eine Reittherapie und der schweißtreibende brasilianische Tanz Capoeira helfen, sich auszupowern und "ausgeglichen zu werden, ihre Themen da zu lassen", wie Dirk Wermelskirchen vom SKF erklärt.

Das Kinderheim St. Annenhof in Kempen nutzt die Förderung, um eine Wohngruppe für fünf junge Flüchtlinge aus Guinea einzurichten. Der SKF Krefeld steckt das Geld in das Projekt "Mesuma" - ein Treff für junge Flüchtlinge, Messdiener und Pfadfinder, die gemeinsam singen, tanzen, Freizeit miteinander verbringen. Das Don-Bosco-Heim in Viersen plant eine Beratung und Traumaarbeit für junge Flüchtlinge.

In Aachen werden zwei Projekte gefördert: das "Jute"-Programm, in dem Ehrenamtler Grundschulkinder betreuen, und das Nähcafé, in dem geflüchtete Jugendliche und Mütter gemeinsam kreativ werden können. Auch das sei wichtig, wie Jessica Hugot vom Aachener Caritasverband erklärt. Denn Kinder und Jugendlichen in Flüchtlingsfamilien müssen oft dolmetschen, den Eltern helfen. Für gemeinsame Freizeit ist oft kein Raum. Hugot: "Sie werden häufig sehr schnell aus ihrem Kindsein gekickt."

(RP)
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