Niederkrüchten 600 Besucher verfolgen Diskussion der Bürgermeister-Kandidaten

Niederkrüchten · In der proppevollen Begegnungsstätte gab es einzige Gelegenheit, alle Bürgermeister-Kandidaten im direkten Vergleich zu erleben.

Wenn fast 600 Menschen kommen und bis 22 Uhr ausharren, um sich Argumente, Thesen und Ideen von fünf Bürgermeister-Kandidaten anzuhören, dann ist das ein gutes Zeichen für die politische Kultur. Selten hat eine politische Veranstaltung in der Gemeinde Niederkrüchten eine so große Resonanz gehabt. Für die Elmpter Kolpingfamilie, die dazu eingeladen hatte, war das ein Riesenerfolg - und für alle Zuhörer ein Gewinn. Und es war die Blaupause, eine solche Veranstaltung in künftigen Wahlkämpfen zur festen Einrichtung werden zu lassen.

Die Moderatoren Rene Lankes und Michael Rzeznicki von der Kolpingfamilie ließen ihren Gästen lange Leine. Das nutzten alle auf ihre Weise. Bennet Gielen (CDU) und Kalle Wassong (parteilos) bewiesen, dass sie sich auf der großen Bühne und vor großem Publikum wohlfühlen. Beide überzeugten mit Eloquenz und souveräner Argumentation. Die SPD-Bewerberin Trudis Jans wirkte anfangs nervös, schwamm sich jedoch mit zunehmender Dauer frei. Die parteilose Yvonne Jeurißen schien anfangs ebenfalls beeindruckt von der Kulisse, taute dann aber auf und trat immer selbstbewusster auf. Aljoscha Ortmann (Linke), mit 29 Jahren der jüngste in der Runde, gab den unbekümmerten Idealisten und versuchte gar nicht erst zu verbergen, dass er von Führungs- und Verwaltungserfahrung gänzlich unbeleckt ist.

Inhaltlich waren die Kandidaten in vielen Punkten gar nicht weit auseinander. In der Flüchtlingsfrage zum Beispiel herrschte Einigkeit, dass die Gemeinde das Beste aus der Herausforderung machen muss, 2500 Flüchtlinge auf dem Flughafengelände unterzubringen. Tenor: den Menschen helfen, die Bürger durch offene Informations- und Aufklärungsarbeit mitnehmen und auf nachhaltige Unterstützung durch Bund und Land pochen.

Konsens gab es auch über Handlungsbedarf in anderen Bereichen: Stärkung von Tourismus, Gewerbe und Einzelhandel, Belebung der Ortskerne, schnelles Internet, Erhalt des Schulstandorts, demografischer Wandel, Bürgerbeteiligung und Transparenz, bürgernahe Verwaltung. Interessant war, welche Schwerpunkte die Kandidaten setzten. Gielen, Jurist und persönlicher Referent von Landrat Peter Ottmann, untermauerte mit einem betont seriösen Auftritt seine Fachkompetenz im Verwaltungsbereich und seine guten Kontakte auf Kreis- und Landesebene. Verwaltungserfahrung sei für einen Bürgermeister elementar: "Wenn Ihr Auto kaputt ist, rufen Sie den ADAC und nicht den Bäcker."

Wassong hingegen meint, dass die Verwaltungsfachleute schon in der Verwaltung sitzen. Darum müsse der Bürgermeister ein Visionär, ein Richtungsweisender sein. Seine Vision lautet "Krüchten-Kompass 2030": Dahinter steckt die Idee eines umfassenden Gemeindeentwicklungsplans, den Politik, Verwaltung und die Bürger gemeinsam erarbeiten und dann abarbeiten sollen. Yvonne Jeurißen erläuterte ihr Konzept einer Bürgerkommune. Ihr Credo: "Nicht der Bürgermeister, sondern der Bürger ist das Maß aller Dinge." Ein Bürgerentscheid, wie jetzt in der Vollsortimenter-Frage, sollte aus ihrer Sicht jedoch eher die Ausnahme sein. Sie will die Bürger schon früher einbinden, etwa mit einem Online-Portal für Anfragen an die Verwaltung oder mit Bürgersprechstunden.

Trudis Jans bewies Mut, auch Standpunkte abseits des Mainstreams zu vertreten. Wo Gielen, Jeurißen und Wassong - mal mehr, mal weniger dezent - Kritik an mangelnder Bürgernähe der Verwaltung übten, brach sie eine Lanze für die Mitarbeiter. Nicht alles sei optimal, aber es sei auch nicht richtig, die Verwaltung so negativ darzustellen. Wo Jeurißen die Realschule in eine Gesamtschule umwandeln will, trat Jans nachdrücklich für den Erhalt der Realschule ein.

Mehr Bürgerentscheide und die Wiederbelebung der Busverbindung zwischen Elmpt und Roermond waren wesentliche Anliegen von Aljoscha Ortmann. Der Linke-Kandidat hatte auch schräge Ideen in petto. So könnten Street-Art-Künstler Farbe in die Ortskerne bringen. Von Moderator Rene Lankes fing er sich dafür die spöttische Bemerkung ein, ob der Leerstand im Laurentiusmarkt nun mit Graffiti bekämpft werden solle.

(jo-s)
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