Viersen Abschiebung wird Nachspiel haben

Viersen · Die Stadt Viersen hat am 4. Juli eine albanische Familie abgeschoben. Das Pfarrerehepaar Bublitz kritisiert das Vorgehen.Es sorgt sich insbesondere um die Zukunft der kranken Tochter. Die Stadt verweist auf die Gesetzeslage

Der Streit um die Abschiebung einer albanischen Familie aus Viersen schwelt weiter. In der Nacht von Sonntag auf Montag, 4. Juli, waren Vater, Mutter und die kranke, elfjährige Tochter in ihre Heimat abgeschoben worden. Die Stadtverwaltung Viersen hat die Rechtmäßigkeit des gesamten Verfahrens betont. "Die Familie ist aufgrund entsprechender Bescheide und gerichtlicher Entscheidungen uneingeschränkt ausreisepflichtig gewesen", hat Bürgermeisterin Sabine Anemüller (SPD) erklärt. Grünen-Fraktions-Chefin Martina Maaßen hatte dieses Vorgehen kritisiert.

Auch das Pfarrer-Ehepaar Günter und Elisabeth Bublitz zeigt sich immer noch entsetzt über das Vorgehen der Stadt. Elisabeth Bublitz sagt: "Die Familie war bereit, freiwillig auszureisen." Dies habe der Vater auch vor der Ausländerbehörde erklärt. Beide haben sich während ihres 18-monatigen Aufenthalts um die Familie gekümmert. Jetzt sorgen sie sich um deren Schicksal, insbesondere um die Gesundheit der Tochter, die an einem offenen Rücken leidet, etwa einen Katheder trägt und dauerhaft medizinische Behandlung braucht.

Warum ihre Sorge noch gewachsen ist, schildert Günter Bublitz: "Der Vater war in Albanien politisch aktiv. Nach dem Regierungswechsel verlor er seine Stellung. Jetzt werden Ansprüche gegen ihn erhoben, deswegen droht ihm ein Prozess." Weder der Vater noch die Mutter könnten in Albanien eine Arbeit aufnehmen. Sie seien auf Unterstützung von Verwandten angewiesen. Doch die weitere medizinische Versorgung der Tochter sei teuer. "Aus Sorge um ihr krankes Kind hatte die Familie Albanien verlassen", erklärt Günter Bublitz.

Die Familie hatte zunächst versucht, mit einer Klage vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf ein Bleiberecht zu erreichen. Als das Gericht dies ablehnte, schaltete sie den Petitionsausschuss des Landtages ein. "Dieses Verfahren war zum Zeitpunkt der Abschiebung noch nicht entschieden", sagt Martina Maaßen, selbst Mitglied des Ausschusses.

Für die Stadt Viersen macht dies keinen Unterschied: "Der Petitionsausschuss ist über die Bezirksregierung und über das Innenministerium bereits am 19. Mai über den angestrebten Zeitplan für die Rückführung der Familie informiert worden", erklärt Anemüller. Selbst ein eventueller Beschluss des Ausschusses, der trotz Kenntnis des Zeitplans nicht erfolgt sei, hätte die Stadt Viersen rechtlich nicht gebunden, betonte die Bürgermeisterin. Die Stadt hatte am 5. Juli zur freiwilligen Ausreise der Familie schriftlich erklärt: "Eine freiwillige Ausreise, bei der auch die Reisezeiten freier hätten gewählt werden können, hat die Familie abgelehnt."

Dieser Darstellung widerspricht Familie Bublitz. Sie verweist auf eine Niederschrift des Petitionsausschusses, die auch unserer Redaktion vorliegt und die bei der Ausländerbehörde der Stadt abgegeben worden war. Darin heißt es: "Sie (die Familie) beabsichtigen, nachdem der Antrag auf aufschiebende Wirkung vom Verwaltungsgericht abgelehnt werden sollte beziehungsweise der Antrag beim Petitionsausschuss NRW, hier in der Dienststelle vorzusprechen und ihre freiwillige Ausreise zu bekunden." Elisabeth Bublitz sagt: "Ihnen war klar, dass sie ausreisen mussten, sollte auch der Petitionsausschuss ihr Anliegen ablehnen."

Bürgermeisterin Anemüller verweist dagegen auf den Zeitpunkt der freiwilligen Ausreise, der für die Verwaltung entscheidend gewesen sei. "Die Familie wollte das Ergebnis des Petitionsausschusses abwarten. Dies hätte aber noch ein, zwei Jahre dauern können." Allerdings sei der Aufenthalt der Familie lediglich bis 3. Juli in Viersen geduldet gewesen.

Für Martina Maaßen ist dieser Fall noch nicht erledigt. Sie will erreichen, dass sich die Stadt Viersen zu dieser Abschiebung vor den Mitgliedern des Petitionsausschusses erklären muss.

(busch)
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