Kreis Viersen Alarm bei der Diakonie: Weiter im Minus

Kreis Viersen · Der neue Geschäftsführer Ludger Firneburg wird zum Sparkommissar. Die Rücklagen sind fast weg. Erste Beratungseinrichtungen sind zum Jahresbeginn geschlossen worden, Verträge wurden gekündigt

 Die Diakonie hat ihren Hauptsitz an der Dreikönigenstraße in der Krefelder Innenstadt. Geschäftsführer Ludger Firneburg stellt nun die Angebote auf den Prüfstand. Das Sparen soll ohne Entlassungen erfolgen.

Die Diakonie hat ihren Hauptsitz an der Dreikönigenstraße in der Krefelder Innenstadt. Geschäftsführer Ludger Firneburg stellt nun die Angebote auf den Prüfstand. Das Sparen soll ohne Entlassungen erfolgen.

Foto: nos

Um sein neues Amt als Geschäftsführer der Diakonie Krefeld und Viersen ist Ludger Firneburg nicht zu beneiden. Der 54-jährige Pädagoge muss seine Rolle in großen Teilen zunächst als Sparkommissar interpretieren. Seit Jahren schreibt die Diakonie rote Zahlen. Bislang konnte sie ihre Etats noch aus den Rücklagen ausgleichen. Doch damit ist es vorbei. "Wir müssen unsere Finanzen auf gesunde Beine stellen", sagte Firneburg gestern in der Zentrale an der Dreikönigenstraße in der Krefelder Innenstadt. Noch hätten sie keine Schulden.

Jährlich setzt das Diakonische Werk Krefeld und Viersen als Teil der Evangelischen Kirche rund sieben Millionen Euro um. Etwa ein Zehntel davon ist ein Zuschuss aus Kirchensteuern. Der große Rest sind Mittel von Land und Kommune sowie Projektgelder und Spenden. Zuletzt reichten die Einnahmen nicht mehr aus, um die anfallenden Kosten zu decken. Etwa 250.000 Euro fehlten seit 2015 jedes Mal zum Jahreswechsel erneut in der Kasse.

Rund 80 Prozent der Kosten seien Ausgaben fürs Personal. Etwa 120 hauptamtliche Kräfte beschäftige die Diakonie, um ihr Angebot für eine breit gefächerte Klientel aufrecht zu erhalten, informierte der neue Geschäftsführer. Die Stelle eines Stellvertreters wurde ersatzlos gestrichen. "Für mich gibt es auch nur noch eine Abwesenheitsvertretung", sagte er, der zuletzt Stellvertreter der in den Ruhestand versetzten Ellen Weinebrod war.

Doch das ist erst der Anfang. Firneburg muss zweigleisig fahren. Das heißt, er sucht das Gespräch mit den Zuschussgebern einerseits, um festgeschriebene Abmachungen anzupassen, und er stellt anderseits das Angebot der Diakonie auf den Prüfstand. Erste Konsequenzen sind bereits gezogen. Zum Jahresbeginn hat die Diakonie ihr Beratungsangebot für Kuren wie Mütter-Kind-Kuren aufgegeben. Ferner sei der Vertrag mit der Stadt Krefeld über den Betrieb der Radstation am Hauptbahnhof zum September dieses Jahres gekündigt. Dort hat die Diakonie jährlich drei bis vier Langzeitarbeitslose an den Arbeitsmarkt herangeführt. Die Stadt Krefeld hat nur einen Teil der Kosten für die Radstation mit 360 Stellplätzen und zusätzlichen Serviceleistungen wie Vermietung, Codierung und Werkstatt aufgefangen.

Firneburg hofft, noch eine finanziell für die Diakonie bessere Lösung mit der Kommune zu verabreden. Gerade die Arbeit mit Langzeitarbeitslosen und anderen Benachteiligten in der Gesellschaft liege ihm am Herzen, sagte er. Die auseinandergehende Schere zwischen Arm und Reich sorge dafür, dass die hilfesuchende Gruppe immer größer werde. Psychische und finanzielle Probleme führten die Menschen in eine gesellschaftliche Sackgasse. Einige schafften es nicht mehr, ihren Alltag zu organisieren. Sie benötigten Unterstützung und Beistand.

Es sei einfach an der Zeit, den Status quo in den Verabredungen noch einmal einvernehmlich zu überprüfen. So entstehe zum Beispiel in der Schuldnerberatung ein immer größeres Defizit, weil die alten Verträge etwa die über Jahre hinweg gestiegenen Personalkosten in ihren Fallpauschalen unberücksichtigt lassen. "Dabei steigt der Beratungsbedarf stetig an und das in nahezu allen Bereichen", sagte Firneburg.

So sei die Frequenz an der Bahnhofsmission in Krefeld innerhalb eines Jahres von 18.000 auf 21.000 Kontakte gestiegen: "Das ist ein unmissverständlicher Indikator für den zunehmenden Bedarf an solchen Einrichtungen."

Firneburg will die Tätigkeit der Diakonie wieder auf finanziell gesunde Füße stellen, ohne dabei Personal zu entlassen. Die Gesamtkosten der Diakonie teilen sich in etwa zwei Drittel für die Angebote im Stadtgebiet Krefeld und dem verbleibenden Drittel für die im Kreis Viersen auf.

(sti)
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