Viersen Als Blinde unterwegs in einer fremden Stadt

Viersen · Nina Odenius hat drei Monate in Pisa verbracht. Die blinde Viersenerin wollte dort auf Blindheit und Sehbehinderung aufmerksam machen

 Nina Odenius (r.) und Projekt-Chefin Martina Ambrogi in Pisa.

Nina Odenius (r.) und Projekt-Chefin Martina Ambrogi in Pisa.

Foto: Odenius

Wenn Nina Odenius von Pisa erzählt, dann ist ihr die Begeisterung anzuhören. "Es war eine tolle Zeit, die mir viele gute Erfahrungen gegeben hat", sagt die junge Frau. Für drei Monate lebte die Viersenerin in der italienischen Stadt. Dort nahm sie an einem Projekt teil, das auf das Thema Blindheit und Sehbehinderung aufmerksam machen will. Selbst von Geburt an blind, referierte Odenius vor unterschiedlichen Gruppen in Italien über das Thema und stellte Hilfsmittel vor, die es blinden und sehbehinderten Menschen ermöglichen, so normal wie möglich am Leben teilzuhaben.

"Eigentlich bin ich über einen Zufall an das Projekt gekommen", erzählt die 26-Jährige, die an der Düsseldorfer Universität "Arts Romanistik: Kulturkontakte und Kommunikation" studiert und gerade vor ihrer Masterarbeit steht. Über eine Mailingliste des Blinden- und Sehbehindertenverbands erfuhr Odenius von der Praktikumsausschreibung. Sehr gute Sprachkenntnisse in Italienisch waren gefordert. Und Odenius hat Italienisch als zweites Studienfach, die Ausschreibung passte also genau: "Ich sah es als Chance, vor der Masterarbeit etwas anderes zu machen und zudem meine Sprachkenntnisse zu erweitern. So habe ich mich beworben."

Der Verband entschied sich für die Viersenerin und entsandte sie über "Views International", eine Organisation, die sich unter anderem um den internationalen Austausch Blinder kümmert, nach Pisa. Sie flog hin, bezog ein Zimmer im Studentenwohnheim der Erasmus-Studenten. Dort stand ihr ein Zivildienstleistender zur Seite. In Italien gingen die Menschen anders mit ihrem Handicap um als in Deutschland, hat Odenius festgestellt. Das können ihre Eltern bestätigen, die dort zu Besuch waren. "Wenn wir gemeinsam unterwegs waren, starrte uns niemand an, wie es daheim oft vorkommt. Es ist dort selbstverständlich, dass blinde Menschen zum Bild gehören", berichtet Angelika Odenius. "Die Menschen dort sind viel offener und sehr hilfsbereit." Das stellte Nina Odenius auch in ihren Vorträgen fest, die sie unter anderem vor Mitarbeitern der Arbeitsämter, vor Studenten und Lehrern hielt. Denn in Italien gibt es keine separaten Förderschulen. Schüler mit Handicap besuchen die allgemeinen Schulen. Zudem gibt es in jeder Stadt Italiens eine Blindenunion - eine Einrichtung, in der sich Freiwillige für Blinde engagieren, ihnen etwa beim Einkauf helfen.

"Ich bin viel mutiger geworden, weil ich gemerkt habe, ich komme sogar in einer fremden Stadt zurecht", so das Fazit der Viersenerin. "Mich hat Pisa gestärkt, und ich habe gemerkt, wie gut ich mich selber organisieren kann." In ihrer Heimatstadt möchte sie auf das Thema Blindheit und Sehbehinderung aufmerksam machen. Sie will Bürgermeisterin Sabine Anemüller (SPD) fragen, ob nicht die Stadt an der "Woche des Sehens" (8. bis 15. Oktober) teilnehmen will.

(tref)
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