Viersen Am roten Faden durchs Labyrinth

Viersen · Zum Internationalen Tag des Labyrinths hatten die Stadt Viersen und der Verein "Euregia" ins Labyrinth am Hohen Busch eingeladen. Eine Labyrinth-Forscherin begleitete die Teilnehmerinnen auf dem Weg zur Mitte

 Gemeinsam gehen die Teilnehmer am Tag des Labyrinths zur Mitte. Verbunden sind sie durch rote Bänder.

Gemeinsam gehen die Teilnehmer am Tag des Labyrinths zur Mitte. Verbunden sind sie durch rote Bänder.

Foto: Franz-Heinrich Busch

Für Menschen wie Li Shamila ist der erste Samstag im Mai kein Tag wie jeder andere: Am Internationalen Tag des Labyrinths ist die Labyrinth-Forscherin in ihrem Element. Weltweit treffen sich an diesem Tag um 13 Uhr Ortszeit Interessierte zum Thema Labyrinth, in diesem Jahr bereits zum achten Mal. "Es ist eine schöne Vorstellung, dass heute überall auf der Welt Menschen wie wir zusammenkommen", findet Angela Klein-Kohlhaas, Vorsitzende von "Euregia". Der Verein für Frauengeschichte richtet am Tag des Labyrinths in Zusammenarbeit mit der Stadt Viersen schon seit einigen Jahren Veranstaltungen im Viersener Labyrinth am Hohen Busch aus. In diesem Jahr werden die Teilnehmerinnen dabei von Li Shalima begleitet.

"Das Ur-Labyrinth stellt in seiner Mäanderform besonders die Mutter-Tochter-Beziehung und Freiheit der Frauen dar", erklärt Shalima den kreisförmig um sie verteilt sitzenden Frauen. Das im Jahr 2001 vom Viersener Frauenforum initiierte Labyrinth am Hohen Busch habe die gleiche Form wie die wenigen verbliebenen Ur-Typen, so Shalima weiter. "Uns geht dort ein Weltkulturerbe verloren", sagt die Forscherin und Künstlerin besorgt. Ursprünglich aus matriarchalisch geprägten Kulturkreisen stammend, sei in diese Form des Labyrinths immer wieder eingegriffen worden. Während es in der Urform keine falschen Wege gibt, alle Pfade zur Mitte führen, ist in den neu entstandenen Irrgärten der Weg nicht das Ziel, sondern eine Herausforderung.

Li Shalimas Begeisterung für Labyrinth-Formen ist auch an ihrem entsprechend verziertem Stirnband erkennbar. Nach der Einleitung bespricht die Forscherin das weitere Programm mit den Teilnehmerinnen: "Wir verbinden uns durch Fäden, Ariadne-Fäden kann man fast sagen. Die stehen auch für die Pfade, auf denen wir uns gemeinsam, aber jede für sich bewegen." Während die roten Bänder verteilt werden, übt die Gruppe auch das Lied "Meine Füße fest auf Mutter Erde" ein, das sie auf dem Weg durch das Labyrinth singen möchte. Ziel ist der Apfelbaum in der Mitte des Labyrinths. Die Bänder dürfen die Teilnehmerinnen behalten. "Als Erinnerung an den Tag, aber auch an die Bedeutung des Laybrinths", erklärt Shalima.

Bevor die Gruppe in der Mitte ankommt, wandern einige Teilnehmerinnen aber auch vor. "Dafür fehlt mir vielleicht eine besondere Antenne, vielleicht bin ich dafür zu realistisch", sagt eine der Frauen. "Es ist eine ganz andere Welt", stimmt eine andere Frau nachdenklich nickend zu. An der abschließenden Diskussionsrunde beteiligen sie sich trotzdem. Im Schatten des blühenden Apfelbaums sprechen die Frauen über die Bedeutung von Grenzen und Wegen. Angela Klein-Kohlhaas hat dafür einige Bilder und Wortgruppen als Denkanstöße mitgebracht. Die Teilnehmerinnen einigen sich nach regem Austausch darauf, dass Grenzen nicht an sich gut oder schlecht sind. "Es kommt immer auf die Perspektive an. So viel Freiheit wie möglich, so viele Grenzen wie nötig", sagt Klein-Kohlhaas. Dafür sei das Mäander-Labyrinth ein gutes Bild, findet Forscherin Shalima.

Während die Gruppe sich langsam wieder im Labyrinth verteilt, erinnert sich eine der Frauen an ihren ersten Besuch dort. "Es war eine Walpurgisnacht, und rundherum hat es gestürmt und gewittert, nur hier am Steinlaybrinth nicht. Wir sind mit Kerzen hergewandert, und während um uns Blitz und Donner waren, blieb es hier ruhig." Ein bisschen weltlich wird es am Ende der Erzählung aber dann doch: Gut hörbar schallte das Klingeln ihres Handys durch das Labyrinth.

(amey)
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