Viersen Amelies großer Wunsch: mit Delfinen schwimmen

Viersen · Die Achtjährige ist sehr schwer krank. Ihre Eltern versuchen, ihrer Tochter durch eine Benefizveranstaltung den Wunsch zu erfüllen

"Zählen", das Wort bereitet Amelie Mühe in der Aussprache, aber die fünfjährige Zoe hat genau verstanden, was sich ihre drei Jahre ältere Schwester wünscht. Die Finger von Zoe fliegen über das Smartphone und ein Zahlenspiel leuchtet auf. Eng an Amelie angekuschelt hält Zoe ihr das Display hin, auf dem die Zahlen von eins bis zehn nacheinander erscheinen. "Eins", beginnt Yvonne Ludewig zu zählen, die sich zu ihren beiden Töchtern auf das Sofa gesetzt hat. Langsam schließt sich Amelie an, wenn ihre Mutter die Zahlen anspricht.

"Wir versuchen das, was Amelie noch kann, zu erhalten", sagt die 39-jährige Dülkenerin. Ein Piepsen unterbricht. Der Perfusor, der zusammen mit einem Beutel Sondennahrung und einem weiterem Beutel für Flüssigkeit an einem Ständer hängt, meldet sich. Yvonne Ludewig stöpselt den Schlauch, der zur Magensonde ihrer Tochter führt, ab, streichelt ihr über den Kopf und zieht die Decke, in die Amelie eingemummelt ist, wieder ein Stückchen höher. "Wir mussten auf die Magensonde umsteigen, da sie nicht mehr selbst essen kann. Die Schluckreflexe funktionieren nicht mehr", erklärt Yvonne Ludewig leise. Der Blick, mit dem sie ihre zweitjüngste Tochter ansieht, ist liebevoll. Tränen steigen ihr in die Augen.

"Als Amelie geboren wurde, war sie ein gesundes kleines Mädchen", beginnt sie zu erzählen. Am vierten Tag nach ihrer Geburt bekommt das Baby eine Hirnhautentzündung. Es fällt ins Koma, zudem setzt eine Sepsis ein. Die Ärzte kämpfen um das Leben des Kindes und gewinnen. Doch die Kleine hat mit vielen Folgeschäden zu tun. Unter anderem hat sich eine Epilepsie entwickelt. "Es war eine dramatische Zeit, aber Amelie überstand sie und lebte", sagt Ludewig. Es scheint, als wenn trotz der Behinderungen alles gut werden würde. Doch als Amelie vier Jahre alt ist, erbricht das Kind Blut. Roland und Yvonne Ludewig alarmieren einen Rettungswagen. In der Uni-Klinik Düsseldorf wird Amelie direkt operiert.

Der Vierjährigen werden Shunts in den Kopf eingesetzt. Die vierte Hirnkammer kapselt sich ab. Eine halbseitige Lähmung ist die Folge. Amelie kann nicht mehr selbst essen und trinken. Auch das Wasserlassen funktioniert nicht mehr. Eine seltene Form der Epilepsie taucht auf. Vier Monate liegt das kleine Mädchen in der Klinik. In dieser Zeit ist es besonders die ältere Schwester Anna Lena (13 Jahre), die Amelies Lebenswillen anfeuert. "Die beiden waren schon immer ein Herz und eine Seele. In der Klinikphase hätte Amelie es ohne Anna Lena nicht geschafft", erzählt Yvonne Ludewig. Amelies Zustand verbessert sich. Sie kann zurück nach Hause. Ihre Mutter übernimmt die Pflege.

Auch als sich der Gesundheitszustand über die Jahre verschlechtert, immer mehr Körperfunktionen ausfallen und Amelie auf den Rollstuhl angewiesen ist, bleibt ihre Mutter die Pflegerin. "Jeder Epilepsie-Anfall hinterlässt mehr Spuren. Amelie kann jetzt nur noch stundenweise beschult werden, einen ganzen Schultag schafft sie nicht mehr", berichtet die Dülkenerin.

Da sich Amelies Zustand verschlechtert, möchten die Eltern ihrer Tochter einen großen Wunsch erfüllen: Amelie möchte einmal mit den großen Fischen schwimmen, wie sie die Delfine nennt. 1500 Euro haben die Ludewigs schon auf einem Sparbuch, aber die Erfüllung des Traums für das schwerkranke Mädchen liegt bei 8000 Euro. Ein Benefizabend soll das restliche Geld aufbringen. "Wir haben viel Unterstützung bekommen. Es ist unglaublich, dass es Menschen mit einem so großen Herzen gibt, die uns ehrenamtlich helfen", freut sich Ludewig. Über Dolphin-Aid soll der Amelies Lebenstraum im türkischen Marmaris erfüllt werden, wenn genügend Geld zusammenkommt. Den langen Flug nach Florida würde das Mädchen aufgrund der Erkrankung nicht schaffen.

(tref)
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