Viersen An jedem Tag kümmert sich ein anderer ums Kind

Viersen · Im Kita-Streik werden Eltern zu Termin-Jongleuren. Kathi Mehlhorn hat Mühe, ihre kleine Tochter unterzubringen.

 Kathi Mehlhorn mit der zweijährigen Minoo und Sohn Max.

Kathi Mehlhorn mit der zweijährigen Minoo und Sohn Max.

Foto: Busch

Montag Max, Dienstag und Mittwoch Betreuung durch eine andere Kita-Mutter, Donnerstag Urlaub, Freitags Kita-Mutter. Der Terminplaner von Kathi Mehlhorn ist immer gut gefüllt, aber seit dem 11. Mai stehen darin Notizen, die mehr als nur wichtig sind für die alleinerziehende Mutter und ihre beiden Kinder. "Hier findet zumindest die theoretische Planung statt, wie ich Minoo betreuen lassen kann", sagt Mehlhorn.

Ihre knapp zweijährige Tochter besucht normalerweise die Anne-Frank Kita in Süchteln. Doch dort wird, wie in vielen anderen Kitas auch, gestreikt. Allerdings gibt es hier keine Notfallbetreuung, das gesamte Personal arbeitet nicht. Also hat die Viersenerin seit dem 11. Mai ein Problem, ihre kleine Tochter unterzubringen. "Als ich am 6. Mai meine Tochter von der Kita abholte, drückte mir eine der Erzieherinnen einen Zettel mit der Streikankündigung in die Hand. Und damit stand ich da. Ich habe nur ironisch gedacht: ,Na prima', und dass ich schnell mit meinem Chef sprechen muss", erinnert sich die 42-Jährige.

Mehlhorn, die als Ergotherapeutin tätig ist, arbeitet 25 Stunden pro Woche in einer Reha-Klinik und sechs weitere Stunden für eine Praxis. Eine andere Mutter, die noch in der Erziehungszeit ist und deren Sohn die gleiche Gruppe wie Minoo besucht, erfuhr von den Problemen und bot an, Minoo zusammen mit ihren eigenen Kindern für einige Tage zu betreuen. Doch das Angebot gilt nicht für fünf Tage die Woche. Seitdem ist die Betreuung ein Spagat für Mehlhorn - zwischen diesem Angebot, Urlaubstagen, ihrem knapp 13-jährigen Sohn Max, der nachmittags nach seiner Schwester schaut, und dem Angebot ihres Arbeitgebers, der es ihr ermöglicht, Minoo stundenweise unterzubringen. "Ich bin meinem Arbeitgeber für sein Verständnis und der Kita-Mutter für ihr Angebot mehr als nur dankbar", betont Mehlhorn. Aber das sind in ihren Augen keine wirklichen Lösungen, geht der Streik noch länger. Sie sieht die Stadt in der Verpflichtung, mit Notbetreuungsgruppen in allen Kitas oder Tagespflegeplätzen ohne Mehrkosten weiterzuhelfen. Eine Lösung wäre es für sie auch, wenn Eltern die Kinder in der Kita selber betreuten. Sie schrieb die Stadt an und bat um Unterstützung. Der Fachbereich Kinder, Jugend und Familie teilte ihr mit, dass es für ihre Tochter keinen Notfallplatz gäbe, weil alle städtischen Kitas betroffen seien und bestehende Notfallbetreuungen nur für Kinder der entsprechenden Kita vorgehalten würden.

Mehlhorn ist enttäuscht von der Stadt. Und sie macht sich Sorgen. Sie braucht ihre Urlaubstage, um die Kita-Schließzeiten in den Ferien zu kompensieren. Unbezahlter Urlaub ist aufgrund laufender Kosten nicht möglich. Eine Familie, die helfen könnte, gibt es nicht, Freunde arbeiten ebenfalls. Hinzu kommt die Angst um die Arbeitsstellen aufgrund der Situation als alleinerziehende Mutter. In der Streiksituation wird deutlich, wie abhängig man von der Kinderbetreuung ist, um selbst arbeiten gehen zu können.

(tref)
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