Viersen Archivfrage: Stadt Viersen vertagt Entscheidung

Viersen · Nach einer rechtlichen Prüfung soll nicht der Kulturausschuss, sondern erst der Stadtrat im September beschließen

Eigentlich sollte am kommenden Dienstagabend Klarheit herrschen, ob die Stadt Viersen ihr Stadtarchiv aufgibt und in einen geplanten Neubau des Kreisarchivs eingliedert oder nicht. Denn am Dienstag um 17 Uhr treffen sich Viersens Kulturpolitiker zu einer öffentlichen Sondersitzung des Kulturausschusses - und sollten über die Zukunft des städtischen Archivs entscheiden. Daraus wird erstmal nichts - die Entscheidung soll erst der Stadtrat am 5. September fällen. "Ich habe das noch einmal rechtlich überprüfen lassen", erklärte der Erste Beigeordnete Paul Schrömbges auf Anfrage. Ergebnis: Der Ausschuss empfiehlt, der Stadtrat hat das letzte Wort.

Landrat Andreas Coenen (CDU) plädiert dafür, dass die Stadt Viersen ihr städtisches Archiv in ein neu zu bauendes Kreisarchiv integriert. Gibt die Stadt Viersen grünes Licht, will er dem Kreistag vorschlagen, das neue Kreisarchiv in Viersen bauen zu lassen. Diese Lösung sei für die Stadt auf jeden Fall kostengünstiger als der Weiterbetrieb des Stadtarchivs plus der Beteiligung am Kreisarchiv über die Kreisumlage, sagt der Landrat. Hintergrund: Für den Neubau können 5,1 Millionen Euro Zuschüsse fließen. Rund 140.000 Euro zahlt die Stadt Viersen pro Jahr fürs Stadtarchiv.

Schrömbges empfiehlt in seiner Vorlage, das Stadtarchiv zu behalten. "Aus den Erfahrungen bei der Zusammenlegung der ehemals städtischen Einrichtungen Musikschule und VHS mit dem Kreis ist klar geworden, dass eine städtische Einflussnahme auf die Arbeit der Kreiseinrichtungen nur sehr eingeschränkt möglich ist." Daneben sei auch die Kostenfrage nicht abschließend geklärt.

Im April hatte der Kulturausschuss die Stadtverwaltung bei vier Gegenstimmen der SPD aufgefordert, Gespräche mit dem Landrat über eine mögliche Eingliederung des Stadtarchivs ins neue Kreisarchiv zu führen. "Die aktuellen Zusagen der Kreisverwaltung sind als Absichtserklärungen zu werten und im Sinne einer belastbaren vertraglichen Lösung nicht ausverhandelt", schreibt Schroembges in seiner Vorlage.

Albert Pauly, Vorsitzender des 1100 Mitglieder starken Vereins für Heimatpflege, hatte in einem Gastbeitrag in unserer Zeitung dafür geworben, sich vor einer endgültigen Entscheidung mit dem Kreis an einen Tisch zu setzen. "Was hindert die Parteien daran, vor einer endgültigen Entscheidung dies auszuverhandeln?", fragt er. Das sei die "persönliche Denke" des Vorsitzenden, erklärt Wilfried Kluß vom Arbeitskreis Familienforschung im Verein für Heimatpflege. Pauly widerspricht: "Das ist die abgestimmte Meinung des Vorstands."

Die Mitglieder des Arbeitskreises Familienkunde - einer von fünf - sehen eine Aufgabe des Stadtarchivs kritisch. "Die Raumreserven im Stadtarchiv wurden auf Jahrzehnte ausgelegt", heißt es in einer Stellungnahme.. Klues verweist auch auf die bereits investierten Kosten: "Für die Umwidmung der Turnhalle zum Stadtarchiv wurden 200.000 Euro investiert." Das Stadtarchiv besitze darüber hinaus eine besonders bürgerfreundliche Ausrichtung, was die Zusammenarbeit mit Schulen, örtlichen Vereinen und Hilfestellung bei Fragestellungen anbelangt. Landrat Coenen hatte erklärt, dass sich durch die Integration ins Kreisarchiv Nutzungszeiten verbessert würden. Er sei bereit, vertraglich zu fixieren, dass der Viersener Archivar auch künftig ausschließlich für Viersener Belange zuständig bleibt.

(mrö)
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