Schwalmtal Aus Panik haben viele geweint

Erst die Durchsage des Rektors, dann zig bis an die Zähne bewaffnete Polizisten in Kampfanzügen: Die Amokdrohung eines 15-Jährigen hat die Schüler des Schulzentrums Waldniel in Schock versetzt. Viele haben aus Panik in ihren eingeschlossenen Klassenräumen geweint.

15-Jähriger droht mit Amoklauf
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15-Jähriger droht mit Amoklauf

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"Um 9 Uhr hat der Rektor eine Durchsage gemacht, da waren wir alle geschockt und dachten direkt an Winnenden", erzählt Sarah. Die 13-Jährige saß gerade im Mathe-Unterricht an der Realschule im Waldnieler Schulzentrum, als die Warnung kam: "Achtung, die Polizei rückt an, wir haben eine Amokdrohung!"

Ein 15-Jähriger soll am Morgen im Schulbus zu einem 12-Jährigen gesagt haben, er habe eine Pistole unter dem Pullover und wolle im Schulzentrum Waldniel "Trouble machen". Eine 12-jährige Schülerin hatte das Gespräch mit angehört und gleich die Schulleitung informiert, die wiederum die Leitstelle verständigte. Der 15-Jährige war namentlich bekannt, er selbst ist nicht Schüler in Waldniel.

Die Polizei rückte gleich mit einem Großaufgebot aus und fahndete mit Hochdruck nach dem 15-Jährigen und seinem Gesprächspartner. Das Schulzentrum wurde in der Zwischenzeit abgeriegelt, niemand kam mehr unkontrolliert rein oder raus. Gegen 11 Uhr konnten die Fahnder die beiden Jugendlichen in der Ortsmitte vorläufig festnehmen - sie schwänzten gerade die Schule. Waffen fanden die Beamten nicht.

Schüler und Eltern in großer Angst

Unterdessen saßen die Schüler eingeschlossen in ihren Klassenräumen. Sarah und ihre Mitschüler der achten Klasse waren im Keller des Gebäudes und konnten durch die Fenster nach oben nur Polizisten sehen. "Insgesamt waren wir vier Stunden eingesperrt, immer wieder brachen einige in Panik aus. Ich habe auch geweint, weil ich einfach große Angst hatte", erzählt sie im Gespräch mit RP ONLINE. Damit alle mal auf die Toilette gehen konnte, riegelten Polizisten einen Teil des Gebäudes vorübergehend ab.

Angst und Panik herrschte auch außerhalb des Schulzentrums. Dort warteten Eltern und Großeltern auf ihre Kinder und Enkel. Viele weinten und hielten zitternd ihre Handys fest, bis die Schüler am Mittag endlich die Gebäude verlassen konnten.

"Es war Gefahr im Verzug. Wir mussten damit rechnen, dass ein bewaffneter potenzieller Amokläufer unterwegs ist. Uns blieb keine Zeit für lange Ermittlungen", sagte Polizeichef Utz Schmidt am Nachmittag bei einer Pressekonferenz in der Kreispolizeibehörde Viersen, der gleichzeitig um Verständnis für den "Riesenaufwand" bat. Ausdrücklich lobte er das Verhalten des 12-jährigen Mädchens, das sofort die Schulleitung verständigt hatte.

250 Amokdrohungen in NRW seit Winnenden

Seit dem Amoklauf in Winnenden habe es rund 250 Amokdrohungen allein in NRW gegeben, und das Innenministerium habe angewiesen, alle Drohungen ernst zu nehmen und entsprechend zu reagieren. Bei dem aktuellen Fall handele es sich um keinen gewöhnlich Fall eines Trittbrettfahrers, die in der Regel ihr angebliches Vorhaben vorher im Internet ankündigen.

Über 150 Einsatzkräfte waren am Freitagvormittag in Waldniel vor Ort, darunter Teile einer Hundertschaft sowie Beamte der Kreispolizeibehörde Viersen und benachbarter Behörden.

Am Freitagnachmittag dauerten die Vernehmungen des 15-Jährigen und des 12-Jährigen noch an. "Ihre Angaben decken sich nicht mit den Angaben der Zeugin", so die Polizei. Über den weiteren Verbleib des Jugendlichen werde nach Abschluss der ersten Vernehmungen entschieden. Der 12-Jährige wird seinen Erziehungsberechtigten übergeben.

Die Kosten des Einsatzes können nun möglicherweise als Schadensersatzforderung auf die Eltern des 15-Jährigen zukommen. Utz Schmidt schätzte die Kosten am Freitag grob auf eine Höhe zwischen 40.000 und 50.000 Euro.

Bereits in der vorangegangenen Nacht musste sich die Polizei im Kreis Viersen mit einem weiteren Fall von Amokdrohungen befassen. In einem Internet-Chat hatte ein junger Mann aus Nettetal eine Amokdrohung gegen eine Nettetaler Schule geschrieben, ohne dass er einen konkreten Zeitpunkt benannt hatte. Eine 16-jährige Zeugin, die den Eintrag gelesen hatte, informierte um 21.40 Uhr die Polizei, der es gelang, den Verdächtigen zu ermitteln. Kurz nach Mitternacht suchten Polizisten den 19-Jährigen in seiner Wohnung auf und nahmen ihn vorläufig fest. Waffen wurden nicht gefunden, sein PC wurde sichergestellt. Der junge Mann erklärte, dass seine Drohung nicht ernst gemeint gewesen sei.

Und auch schon am Mittwoch hatte ein 16-Jähriger aus Brüggen für einen Polizeieinsatz gesorgt, weil er am Vorabend in einem Internet-Chat einen Amoklauf in seiner Schule in Waldniel angedroht hatte. Er war noch am Morgen im Haus seiner Eltern vorläufig festgenommen worden. In der Wohnung fanden die Beamten ein Luftgewehr. Bereits am Dienstag, 31. März, soll gegen den 16-Jährigen verhandelt werden.

(rpo)
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