Viersen Auto-Szene wehrt sich: "Wir sind Veredler"

Viersen · Autorennen haben in Köln für Todesfälle gesorgt. Schnell wurden Autotuner verantwortlich gemacht. Doch die Szene wehrt sich.

 In der Gladbacher City entstand dieses Foto eines getunten Subaru Impreza sowie weiterer Fahrzeuge aus der Tuning-Szene Mönchengladbachs, des Kreises Viersen und des Rhein-Kreises Neuss.

In der Gladbacher City entstand dieses Foto eines getunten Subaru Impreza sowie weiterer Fahrzeuge aus der Tuning-Szene Mönchengladbachs, des Kreises Viersen und des Rhein-Kreises Neuss.

Foto: C.N. Pix

Mitternacht am Samstag des 18. Juli. Der Nachtexpress fährt im Stundentakt, ansonsten ist es still in der Gladbacher Innenstadt. Ein Moment, den Fotograf und Hobby-Tuner Christian Niklas aus Korschenbroich sich zunutze machen will. Er hat zu diesem Zeitpunkt zum nächtlichen Auto-Fotoshooting am Minto geladen. Und die Szene aus dem Kreis Viersen, Gladbach und dem Rhein-Kreis Neuss ist dem Aufruf gefolgt.

Innerhalb von fünf Stunden entstehen Dutzende Fotos von den hochgetunten Fahrzeugen. Es sind unter anderem ein Subaru Impreza zu bestaunen, ein Toyota Supra und ein Nissan Skyline. Fabrikate, nach denen sich Tuning-Fans die Finger lecken. Auf über 400 PS sind einige der japanischen Fahrzeuge hochgezüchtet. Doch die Stimmung unter den Fahrern ist gedrückt.

Ein Tag zuvor in Köln: Die Polizei ermittelt nach einem Verkehrsunfall mit Todesfolge. Schnell stellt sich heraus: Zwei Autofahrer lieferten sich mit ihren Fahrzeugen ein Rennen, rasten mit viel zu hoher Geschwindigkeit durch die Stadt und kollidierten. Ein unbeteiligter Passant kam ums Leben.

Eine Nachricht, die die Tuning-Szene beschämt. "Wir waren geschockt, als wir das gelesen und die Bilder gesehen haben", sagt Christian Niklas. Was ihn und seine Tuningfreunde aber zusehends stört, ist, dass sie mit den Rasern sofort in Verbindung gebracht werden. "Es heißt immer, diese Tuner mit ihren schnellen Autos sind schuld", beschwert sich Niklas. "Aber wir fahren keine illegalen Rennen, schon gar nicht rasen wir durch Städte", stellt er klar.

Denn ein Tuner habe weitaus anderes im Sinn, als schnell zu fahren. "Es gibt Tuner, die bauen auf die Optik", sagt Tuning-Kumpel Thorsten Birker. Heißt im Fachjargon: dicke Front, breites Heck, fette Felgen, hoher Spoiler und krasser Sound - aber immer im Rahmen des Erlaubten. "Tuner sind Veredler. Sie wollen mit ihren umgebauten und einzigartigen Modellen gesehen werden, da bringt es nichts, schnell zu fahren und sofort aus dem Sichtfeld des Passanten zu sein", sagt Thorsten. Lieber fahre man sogar langsamer als vorgeschrieben.

Fotograf Christian Niklas hatte vor einigen Jahren noch einen Opel Corsa B. 1085 Arbeitsstunden und 30 000 Euro steckte er in den Kleinwagen, den zu einem edlen Kunstwerk umbaute. "Wegen einem Fuffi, den ich vielleicht bei einem illegalen Straßenrennen gewinnen kann, riskiere ich nicht die 30 000 Euro, die ich investiert habe. So denkt jeder Tuner", sagt Christian. Raser wüssten oft nicht zu schätzen, was es heißt, sich so lange mit einem Auto zu beschäftigen, daran zu schrauben, es immer wieder auseinanderzubauen. "Aber sie schaden immer unserem Ruf."

Kumpel Martin Rene aus dem Kreis Viersen hat seinen Smart "veredelt". Sechs bis acht Stunden sitzt er an dem Kleinwagen pro Woche, wenn es sein muss. Das Auto liegt jetzt tiefer, fällt durch schrille Lackfarben auf "und er hat mehr PS", sagt Martin. Das Auto fährt im Normalzustand nur etwa 135 Kilometer pro Stunde. "Ich habe es nur getuned, um auf der Autobahn den Verkehr nicht zu bremsen, wenn ich einen Lkw überhole. Zudem ist der Spritverbrauch gesunken. Von Rasen kann nicht die Rede sein."

(RP)
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