Viersen Avelina kämpft um ein gesundes Leben

Viersen · Der Verein Freude von Kanew hat ein neues Projekt gestartet. In der Viersener Partnerstadt entsteht ein "Haus der Familienmedizin". Bedrückend ist die Zahl der an Leukämie erkrankten Kinder in der Ukraine.

Wenn in der nächsten Woche ein weiterer humanitärer Hilfstransport von Viersen nach Kanew startet, dann gehören unter anderem 50 hydraulische Krankenhausbetten samt abwaschbaren Matratzen und Nachtschränkchen zum Inhalt. "Die Sachen sind allesamt für unser neues Projekt bestimmt", berichtet Fritz Meies, der Vorsitzende des Vereins Freunde von Kanew.

Dabei handelt es sich um ein "Haus der Familienmedizin". In der Ukraine gibt es keine niedergelassenen Ärzte, wie es in Deutschland üblich ist. Die Menschen müssen ins Krankenhaus gehen, wenn sie ein Problem haben. Nur, dass dies viele, gerade Ältere aufgrund ihrer geringen Rente nicht können. Die Kosten für die Fahrt sind einfach zu hoch. "In Kanew gibt es ein Wohngebiet, in dem sehr viele ältere Menschen leben. Für diese Gegend hatten wir die Idee, eine Ambulanz ins Leben zu rufen", berichtet Meies, der gerade in Kanew war und sich mit der bekannten Problematik konfrontiert sah.

Im Alleingang wollte der Verein das neue Projekt aber nicht schultern. Die Stadt Kanew sollte sich mit einbringen. Etwas, das sie nun macht. Es kam zur Aufstellung eines genauen Kostenvoranschlages. Die Gesamtkosten für die Realisierung belaufen sich auf rund 14.000 Euro. Je 4000 Euro übernehmen die Stadt Kanew, der Verein sowie "ein Freund von mir, der Armenier ist", informiert Meies. Damit, und der Tatsache, dass die Freunde von Kanew für die Innenausstattung der Ambulanz mit Betten und weiteren Möbeln sorgen, die ebenfalls im Kostenvoranschlag zu finden waren, kann das Projekt angegangen werden. In Kanew wird die Ambulanz "Haus der Familienmedizin" heißen.

Dank der Unterstützung eines weiteren Freundes von Meies aus Viersen, ist eine zusätzliche Hilfe möglich. Durch den Verzicht auf Geburtstagsgeschenke kamen 3300 Euro zusammen, die der Verein für die Behandlung eines zweijährigen Mädchens namens Avelina verwendet, das an einer angeborenen Krankheit des zentralen Nervensystems leidet. Sie ist tapfer und kämpft um ein gesundes Leben. "Der Kauf von Medikamenten stellt die Menschen in Kanew derzeit vor unlösbare Probleme. Die Renten sind nicht gestiegen, aber die Preise haben sich verdoppelt. Senioren können sich ihre dringend benötigten Medikamente nicht mehr kaufen und teuere Behandlungen sind unerschwinglich geworden", so Meies. Dieser Punkt ist besonders dramatisch, da aktuell etliche Kinder an Leukämie erkrankt sind. Eine Behandlung wäre möglich, kann aber von den Eltern nicht finanziert werden.

In der Ukraine besteht kein System der Kranken- und Pflegeversicherung, wie dies in Deutschland der Fall ist. "Pro Behandlung fallen rund 900 Euro für drei Monate an. Wir haben einige schwerste Fälle versorgt, aber wir können nicht alles leisten, schließlich laufen auch unsere verschiedenen Projekte weiter", sagt Meies schweren Herzens.

Bezüglich der laufenden Projekte kann Meies eine positive Bilanz ziehen. Im Reha-Zentrum für Kinder mit Behinderung werden derzeit 122 Mädchen und Jungen betreut. "Das Projekt läuft hervorragend. Es kommen Delegationen aus der gesamten Ukraine, die sich die Einrichtung anschauen", freut sich Meies. Die Freunde von Kanew bezahlen dabei drei Sonderpädagogen. Nun kommt aufgrund der starken Annahme des Angebotes ein vierter Sozialpädagoge dazu, den die Stadt Kanew finanziert.

Die Altenstube und das Angebot "Miteinander, Füreinander", bei dem ehrenamtliche Helfer mit Rädern unterwegs sind und Senioren besuchen, die die Altenstube nicht mehr aufsuchen können, erfreuen sich großer Nachfrage. Die Versorgung der Mukoviszidose-Kinder läuft, das Krankenhaus ist nach wie vor ein Vorzeigeobjekt für die Region. Ein Problem bleibt der Krieg. "Es sind jetzt wieder 100 junge Männer aus Kanew eingezogen worden, wobei die Stadt dafür Sorge tragen muss, dass sie mit Bekleidung und Essen ausgestattet werden", berichtet Meies. Eine Folge des Krieges sind auch die Familien, die aus der Ostukraine geflüchtet sind und in Kanew leben. Aktuell sind es 55 Familien.

(tref)
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