Kreis Viersen Bündnisse machen die Region erst stark

Kreis Viersen · Der Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Mittlerer Niederrhein, Dieter Porschen, will weg vom kleinteiligen Flickenteppich kommunaler Einzelinteressen. Für ihn ist die Zukunft eine nachhaltige Metropolregion.

Der eigene Kirchturm ist schon lange nicht mehr das Maß aller Dinge in der Kommunal- und Wirtschaftspolitik. Aber nicht einmal der Blick von der höchsten Spitze eines Turmes reicht aus, um die Region zu erfassen, die künftig zusammenarbeiten muss. Diese Auffassung vertritt der Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein, Dr. Dieter Porschen.

Mit seiner Meinung steht er nicht allein. Schon vor sechs Jahren begannen Vertreter aus Wirtschaft und Politik damit, die "Metropolregion Rheinland" zu entwickeln. Sie umfasst den Niederrhein, die Städteregion Aachen, die Oberzentren sind Düsseldorf und Köln und reicht bis Bonn. Mitte der 1990er-Jahre waren das Rheinland und das Ruhrgebiet als Metropolregion definiert worden. Zu einer nachhaltigen Zusammenarbeit kam es lange Zeit nie. Zu unterschiedlich sind die Regionen, ihre Bedürfnisse und ihre Entwicklungspotenziale.

Nach Porschens Erfahrung gibt es nur drei Gründe dafür, dass Institutionen überhaupt zur Zusammenarbeit bereit sind. "Wenn ein Dritter Geld gibt, ein dominanter Partner vorhanden ist und wenn Früchte leicht zu pflücken sind", lautet seine Formel. Mit Blick auf Fördertöpfe in Brüssel und Berlin fokussiere sich das Interesse im Rheinland auf Verkehrsinfrastruktur. Wie wirkungsvoll ein geschlossenes, zielgerichtetes Auftreten sein könne, beweise die niederländische Nachbarprovinz Limburg. Mit der Regierung im Rücken, verfolge sie konsequent ihr Programm, ob es um Verkehrsinfrastruktur, konkrete Wirtschaftsbeziehungen oder rein logistische Interessen gehe.

Wie stark eine landläufig gerne belächelte Region auftreten kann, beweist "OWL" - der Raum Ostwestfalen-Lippe. Das Kürzel machte mit einem vielbeachteten Auftritt bei der Hannovermesse in diesem Jahr Furore. Porschen wundert das nicht. "Da haben sich große Mittelständler aktiv in den Verbund eingebracht. Sie zahlen mit, verfolgen klare Marketingstrategien und Konzeptionsprozesse." Außerdem wirken Hochschulen, beispielsweise der IT-Standort Paderborn, ebenfalls in vorderster Reihe mit.

Starke und nachhaltig konzipierte Bündnisse dieser Art sähe der IHK-Hauptgeschäftsführer gerne auch im Rheinland. Hier leben etwa 6,7 Millionen, vielfach sehr gut ausgebildete Menschen, die Region hat außerdem eine ungewöhnlich hohe Beschäftigungsquote.

Regionale Zusammenarbeit war unlängst in der IHK-Vollversammlung das zentrale Thema. Zu Gast war Düsseldorfs Oberbürgermeister Thomas Geisel, der sich zur Zusammenarbeit bekannte. Wie ernst es den Akteuren ist - Porschen will nicht nur eine institutionalisierte regionale Zusammenarbeit -, zeigte der Regio-Gipfel im Mai mit dem Bekenntnis zur Metropolregion. Bisher war nicht klar, wie Entscheidungsprozesse laufen könnten, es geht nicht darum, eine neue Behörde zu schaffen. Die Vision läuft darauf hinaus, dass die Oberbürgermeister von Düsseldorf und Köln und ein Landrat die Spitze bilden. Ihnen könnte ein Büro zuarbeiten, das für eine geordnete Struktur in der Organisation sorgt.

Ihre Interessen sollte die Metropolregion Rheinland vor allem in der Landesentwicklungsplanung vertreten. Das setzt eine verständnisvolle Zusammenarbeit der Bezirksregierungen Düsseldorf und Köln voraus. Planerisch abzustimmen wären in erster Linie die Wohn- und Gewerbeentwicklung, Logistik, Verkehrsinfrastruktur und Breitbandverkabelung. Zu vereinheitlichen wären, beispielsweise, drei unterschiedliche Verkehrsverbünde. Eine gemeinsame Außendarstellung und einhergehend damit ein Standort-Informationssystem hält Porschen ebenfalls für geboten. "Wer heute irgendwo hinkommt, will vorher alles wissen." Die Zeiten, dass Delegationen stundenlang durch eine Region gelotst wurden, seien längst vorbei.

Befürchtungen, die Metropolregion werden womöglich andere, gewachsene Kooperationen gefährden, teilt Porschen nicht. "Die teilregionale Zusammenarbeit soll keinesfalls gefährdet werden." Noch fehlt die ganz große Begeisterung für regionale Mitarbeit. "Schmerzen sind oft der Antrieb. Davon haben einige noch nicht genug."

(RP)
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