Kreis Viersen/Berlin Bundespolitiker — in der Heimat verankert

Kreis Viersen/Berlin · Seit vier Jahren hat der Kreis Viersen zwei Bundestagsabgeordnete. Neben Uwe Schummer (CDU) aus Neersen vertritt auch Udo Schiefner (SPD) aus Kempen die Interessen der Region im Berliner Parlament

 Immer wieder zählen Schülergruppen aus dem Kreis wie auf dem Bild von der Comeniusschule Nettetal zu Schiefners Besuchern in Berlin.

Immer wieder zählen Schülergruppen aus dem Kreis wie auf dem Bild von der Comeniusschule Nettetal zu Schiefners Besuchern in Berlin.

Foto: Schule

Udo Schiefner drängt sich im großen Polit-Betrieb nicht - wie viele seiner Kollegen auf der Berliner Bühne - ins Rampenlicht. Das liegt dem 56-jährigen gebürtigen St. H uberter auch nicht. Er ist ein fleißiger Arbeiter, der seine Aufgabe im Deutschen Bundestag als besondere Verpflichtung empfindet, nämlich eine klare und transparente Politik für die Bürger zu machen. Dabei ist er nicht der Strippenzieher, der sich gerne in Szene setzt, sondern jemand, der die Akten auf seinem Schreibtisch intensiv bearbeitet.

Als er bei der Wahl 2013 neben Uwe Schummer (CDU), dem direkt gewählten Bundestagsabgeordneten aus dem Kreis Viersen, über die NRW-Landesliste seiner Partei Mitglied der SPD-Bundestagsfraktion wurde, hatte sich für den Kempener Schiefner die Relation schon deutlich verschoben. Nicht mehr der Kempener Stadtrat oder der Viersener Kreistag waren von nun an das Plenum, in dem der frühere Leiter des Qualitätsmanagements einer Brauerei - bei Hannen, später Oettinger in Mönchengladbach - politisch aktiv war, sondern der Deutsche Bundestag.

Schiefner fand sich in dem großen Politik-Betrieb schnell zurecht, wählte die für ihn passenden Fachausschüsse. Der Kempener ist Mitglied im Verkehrs- und im Petitionsausschuss sowie stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für Landwirtschaft und Ernährung. Im Petitionsausschuss, der ihm sehr am Herzen liegt, weil dort direkte Eingaben von Bürgern behandelt werden, ist er stellvertretender Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion.

Was Schiefner in Berlin bei seiner Arbeit von Anfang an zugute kam: Der Kempener ist seit mehr als 40 Jahren in der SPD, schon sein Vater hat als Sozialdemokrat Kommunalpolitik gemacht. Der Kempener ist seit 2002 SPD-Kreisvorsitzender und besonders am Niederrhein sehr gut vernetzt. Bei seinem Einzug in den Bundestag übernahm er das Büro des früheren SPD-Bundestagsabgeordneten Bernd Scheelen aus Krefeld - und dessen eingespieltes Mitarbeiterteam gleich mit. Scheelen gab und gibt ihm auch heute noch gute Tipps. Aber auch zu anderen SPD-Politikern aus NRW in Berlin pflegt er seit Jahren enge Kontakte. Barbara Hendricks aus Kleve gehört dazu, die aktuelle Bundesumweltministerin. Oder Gülistan Yüksel, seine Bundestagskollegin und Parteifreundin aus Mönchengladbach.

Stichwort Mönchengladbach: Hier hat Schiefner nicht nur mehr als 30 Jahre in der Brauerei gearbeitet, hier hat der bekennende Fußballfan auch immer noch eine Dauerkarte für die Borussia. Im Bundestag hält er mit einigen anderen Parlamentariern fraktionsübergreifend die Fahne der Borussia in einem eigenen Bundestagsfanclub hoch. Und hier hat Schiefner ein besonderes Ziel: Er möchte die Fußballmannschaft der Bundestagsabgeordneten mit der Weisweiler-Traditionself der Gladbacher Borussen zu einem Benefizspiel zusammenbringen.

Im Bundestag sieht sich Schiefner als Pragmatiker. Er hat in vielen Jahren in der Kommunalpolitik gelernt, dass politische Sturheit nicht zum Ziel führt, dass Kompromissbereitschaft wichtig ist. Die Erdung in der Kommunalpolitik ist ihm nach wie vor ein ganz besonderes Anliegen. Daher hält er am SPD-Kreisvorsitz fest, möchte bei der Kreisdelegiertenkonferenz im November als Kreisparteichef gerne wieder gewählt werden. Auch sein Kreistagsmandat hat er beibehalten, nimmt an den Sitzungen im Viersener Kreishaus-Forum, so oft es eben geht, teil. Er findet es gut, dass Bundespolitiker viel in ihrem Wahlkreis unterwegs sein sollen. Er nutzt die Zeit, die er im Kreis Viersen ist, auch dazu, um die Sorgen und Nöte der Bürger zu erfahren und nach Lösungen zu suchen - wenn es geht in Berlin. Schiefner lässt seine Kontakte spielen, sei bei der Frage des zweigleisigen Ausbaus der Bahnstrecke Kaldenkirchen - Dülken oder bei Verbesserungen auf dem Regionalexpress RE 10 von Kleve über Kempen nach Düsseldorf. Auch der Kontakt mit Besuchergruppen aus dem Kreis Viersen in der Hauptstadt ist ihm wichtig. Zuletzt hat er mit Hauptschülern aus Kaldenkirchen über Politik diskutiert, auch die Kempener Prinzengarde, deren Ehrenleutnant Schiefner ist, hat ihn in Berlin besucht.

Ein ähnliches Besuchsprogramm absolviert auch sein Kreis Viersener Abgeordnetenkollege Uwe Schummer. Schiefner findet es gut, dass es zwei MdBs (Mitglieder des Deutschen Bundestages) aus dem Kreis Viersen gibt. Bis 2005 war das viele Jahre der Fall. Da gab es neben den CDU-Bundestagsabgeordneten Julius Louven aus St. Hubert und Uwe Schummer auf der Seite der Sozialdemokraten Politiker wie Erwin Stahl aus Tönisberg oder Walter Schöler aus St. Tönis. Zu Stahl und Schöler hat Schiefner stets ein freundschaftliches Verhältnis gepflegt, sie haben ihm wertvolle Tipps für die bundespolitische Arbeit gegeben - ebenfalls, und das erstaunt vielleicht ein wenig, CDU-Politiker Julius Louven.

Schiefner will bei der Bundestagswahl im kommenden Jahr wieder für die SPD im Kreis Viersen antreten. Viele der neun SPD-Ortsverbände haben dem Kempener ihre Stimmen für eine erneute Kandidatur bereits signalisiert - fast überall fielen die Voten einstimmig aus. Auf der NRW-Landesliste - sie wird erst im nächsten Jahr erstellt - erhofft sich Schiefner wieder einen vorderren Listenplatz. Aber der 56-Jährige will sich nicht auf einem sicheren Listenplatz ausruhen. Er will den traditionell schwarzen Kreis Viersen direkt gewinnen. Das ist sein Ziel für die Wahl 2017. Er freut sich schon jetzt auf den Wahlkampf und auf die politische Auseinandersetzung mit seinem CDU-Kontrahenten Uwe Schummer. Schiefner sieht sich als einen pragmatischen Sozialdemokraten, der auch für eine eher konservative Wählerschaft wie die im Kreis Viersen durchaus wählbar sein sollte. Der Kontakt zur Basis ist ihm wichtig. Woher er kommt, daran kann Schiefner sich in seinem Berliner Abgeordnetenbüro immer bei einem Blick an die Wand hinter seinem Schreibtisch erinnern. Ein Plakat des Künstlers Jürgen "Moses" Pankarz aus St. Hubert zeigt die Kempener Altstadt. In der Nähe vom Kuhtor am Ring steht eine Bank. Darauf sitzt Udo Schiefner. Das Kempener Original Ferdi steht am Rathaus auf dem Buttermarkt. Er scheint Schiefner zurufen zu wollen: "Mach's gut Udo, für Deine Heimat in Berlin!" - So viel zum Thema Erdung eines Bundespolitikers.

(RP)
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